Wenn Dieter Schütte in diesen Tagen seine letzte Reise angetreten hat, dann muss er wohl Rechenstift und Jagdgewehr zurücklassen, aber er hat uns verlassen mit der Gewissheit, ein reiches, gnadenvolles Leben von nahezu 90 Jahren vollendet zu haben. Dies ist sicher auch Trost für die Zurückgebliebenen, die Frau, die Kinderschar, die Enkelkinder und den großen Kreis der Freunde und Weggenossen, obwohl die glücklichen Tage seines Lebens zuletzt immer stiller und stiller geworden sind.
Als er in der ersten Hälfte der 1920er-Jahre auf der Marienburg geboren wurde, blieb er seiner Herkunft treu und heiratete bald nach dem Krieg, den er als schmucker Marine-Oberleutnant überlebt hatte, Brigitte Neven DuMont, die Tochter von August, Teilhaber der alten Kölner Firma M. DuMont Schauberg. Die Ehe war mit drei Kindern gesegnet, wobei der Älteste, Arthur, als junger Mann auf tragische Weise bei einem Autounfall ums Leben kam, was viel Leid über die Familie brachte.
In der Familiengesellschaft sind die jeweils gestellten Repräsentanten für den Fortgang der Firma von eminenter Bedeutung. Nachdem in der Firma M. DuMont Schauberg mein Onkel August Neven DuMont und mein Vater Kurt vertrauensvoll und eng die schwierigen Geschicke in der Nazi-Zeit, Kriegszeit und Nachkriegszeit gesteuert hatten, lag alsbald das Auge auf den Erben. Schon früh war festgelegt worden, dass der Sohn von August Neven DuMont, Cornelius, ein begabter und liebenswürdiger, sportlicher junger Mann, an meiner Seite das Unternehmen später einmal übernehmen sollte. Doch machte der Zweite Weltkrieg einen Strich durch diese Planung. Cornelius starb, genauso wie sein Bruder Gysbert, im Feld, und der jüngere Bruder von Brigitte, Harald, sah sich nicht in der Lage, das Unternehmen mitzuführen.
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Der Blick fiel auf den Schwiegersohn, auf Dieter, der eine erfolgreiche kaufmännische Ausbildung und Karriere vorzeigen konnte. So wurden wir Zwei zusammengefügt, keine Familienbande mehr, keine freundschaftlichen Voraussetzungen: ein Experiment. Dies vollzog sich vor mehr als fünfzig Jahren, und die vierzig Jahre, die Dieter Schütte und ich als Partner miteinander verlebten, schufen die Grundlage für den Erfolg dieses Hauses.
Vor dem Eintritt von Dieter Schütte war es dem Kölner Stadt-Anzeiger gelungen – eine Seltenheit in diesen Jahren –, in Köln als Altverlag die Vormachtstellung zu erreichen und die Konkurrenz hinter sich zu lassen. Bald ereigneten sich weitere Erfolge, und bereits in der Mitte der 1960er-Jahre sah sich das Unternehmen in der Lage, hoffnungsvoll in die Zukunft zu schauen.
Die Weiterentwicklung des Verlags M. DuMont Schauberg und damit der Partnerschaft zwischen Dieter Schütte und mir sind vielerorts beschrieben worden und mündeten schließlich darin, dass wir uns vor einiger Zeit zu einem der größten deutschen Zeitungsverlage entwickelten. Wir erlebten die Hochkonjunktur der Zeitungen, den Zuwachs der Auflagen, Anzeigen und Umsätze. Aber später ebenso die harte Konkurrenz mit der Elektronik und der Abwendung vieler Leser und Inserenten von der Zeitung. Trotzdem ist es gelungen, den Erhalt und die Substanz des Hauses durch geschlossene Führung nicht zu gefährden.
Rückwirkend muss man sich vor Augen führen, dass zwei so unterschiedliche Temperamente und Begabungen wie Dieter Schütte und ich von außen zusammengefügt wurden. Da wir dennoch eine positive Bilanz ziehen können, muss man, glaube ich, vor dieser Partnerschaft und eben vor der Leistung Dieter Schüttes, die er für das Unternehmen erbringen konnte, den Hut ziehen. Das war der Garant für eine vitale, dynamische Partnerschaft, die nicht nur immer entschlussfähig war, sondern auch keine Misstöne zurückließ. Sein Nachfolger und sein und Brigittes Sohn, Christian DuMont Schütte, sah und sieht sich immer mehr in dieser Tradition.
Nicht vergessen ist der dem Leben aufgeschlossene Dieter Schütte, ein leidenschaftlicher Jäger, eine rheinische Frohnatur. Beinahe erscheint es nicht als Zufall, dass er in den tollen Tagen des Karnevals gestorben ist, weil er, wie alte Fotografien genug bezeugen, den Karneval immer wieder in vollen Zügen genossen hat und auch seinen umwerfenden Humor entwickelt hat.
Das Testament ist: Wenn die Verantwortlichen einer Familiengesellschaft auf der einen Seite ihre Begabungen in ein Unternehmen voll einbringen, aber daneben ihre Empfindungen wenn nötig für den Gewinn des Ganzen zurückstellen, um der Sache zu dienen und das Gemeinsame zu sehen und zu wahren, kann ihr immer wieder auch eine Zukunft gegeben sein.