Sie wollte noch im hohen Alter Fräulein genannt werden. Aus der Sicht von Elisabeth Rohde, die bereits am 2. Juli 98-jährig verstarb, ein Ehrentitel: eine Frau, die aus eigener Kraft den Aufstieg zur ersten Direktorin der Berliner Antikensammlung geschafft hatte. Jahrzehntelang stand ihr Name um 8.30 Uhr im Zugangsbuch des Pergamonmuseums – eine Leistung allein das, denn sie lebte in Charlottenburg. Seit dem Mauerbau 1961 musste sie täglich durch das Nadelöhr der DDR-Grenzkontrollen, um ins Büro zu kommen. Sie war eine der ganz wenigen, denen der stetige Welten-Wechsel erlaubt war.
Rohde hatte Klassische Archäologie, Alte Geschichte und Kunstgeschichte studiert, promoviert und musste 1945 als wissenschaftliche Hilfsarbeiterin auf der Museumsinsel die kostbaren Marmore für den Transport nach Moskau mit einpacken. Als die Altarfriese 1957 zurückkamen, konnte sie die im Pergamonmuseum wieder aufstellen.
Dabei bestand sie darauf, die neueste Forschung zu berücksichtigen und ganze Tafeln neu zusammenzustellen. Es war nicht ihre einzige Großtat. 1955 hatte sie bereits den Saal mit hellenistischen Architekturen im Pergamonmuseum wieder eingerichtet. Die Lücke, entstanden durch die nach Moskau verbrachten Skulpturen in der Inszenierung von 1930, schloss sie mit der Verlagerung des Hephaistion-Mosaiks. Sie wurde die Expertin des Pergamonaltars und er antiken Keramik.
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Die DDR traute der Frau wohl nicht ganz, konnte auf ihre Kompetenz aber auch nicht verzichten: 1961 wurde sie zur amtierenden Direktorin der Antikensammlung berufen, 1971 endlich zur ordentlichen Direktorin. Nach ihrer Pensionierung 1982 erhielt sie ein spezielles Dauervisum.
Rohde blieb wohl auch in ihrer Schwebestellung zwischen Ost und West, weil ihr klar sein musste: In der Bundesrepublik der Adenauer-Jahre hätte sie als Frau keine Chance auf einen solchen Aufstieg gehabt. Doch ihre Texte zeigen nicht die Spur von sozialistischer Geschichtsdoktrin, diplomatisch verteidigte sie ihr Museum gegen Übergriffe der SED und hielt dennoch stets Kontakt zu den Kollegen in West-Berlin.