Neues taz-Gebäude: Die taz baut sich ein neues Haus

Vor knapp einem Jahr wurde das Projekt erstmals debattiert. Jetzt hat man den Architektenentwurf, und 2017 soll das neue Verlagsgebäude eingeweiht werden. Für ein Unternehmen, das von einer Genossenschaft und überaus selbstbewussten Mitarbeitern geprägt ist wie die Tageszeitung taz, ging das sehr schnell.

Und dann soll es auch noch locker, luftig und wirtschaftlich werden! Mit Piet und Wim Eckert aus Zürich gewann wieder einmal ein Schweizer Büro – mit viel Glas und Stahl und technisch bewusster Ökologie.

Kaum ein Büro wagte es dagegen, mit „grünem“ Dekor wie Holzverschalungen, Pflanzenvorhängen oder organisch-anthroposophisch bis esoterisch gezeichneten Grundrissen in den Ring des taz-Architektenwettbewerbs zu steigen, der nun entschieden ist. Und nur Max Dudler entwarf einen Steinbau: mit kraftvoll eingekeilter Treppe, dramatisch tief gesetzten Fenstern. Ein Monument, das es durchaus verdient hätte, intensiver debattiert zu werden. Doch in diesem Wettbewerb war klar, was gewünscht wurde: Nur kein Berlinisch-steinernes Haus.

Der Clou des Schweizer Entwurfs hingegen ist: Das vor die – eigentlich gegen das Klima schützende – Glashaut gesetzte, in Druck- und Zugstäbe aufgelöste Netzwerk ist zugleich die Stütze des Gebäudes. Dadurch sind die Räume innen weitgehend flexibel. Technik kann immer neu eingebaut werden. Großraumbüros und kleine Arbeitskammern sind möglich. Es wird viel Platz gewonnen, der sonst für Mauern verloren geht.

Offenbar haben sich die Schweizer dabei intim mit der taz beschäftigt: Die Chefredakteurin wird mitten im Trubel der Redaktion verortet; der Betriebsrat im Seitenflügel – in einer Abgeschlossenheit, die nach allen Regeln der Architektursymbolik den real Machthabenden vorbehalten ist.

Berlins strenge Hochhausregeln unterlaufen

Fast genial ist der Trick, mit der die Schweizer Architekten die strengen Hochhausregeln in Berlin unterlaufen: Sie haben nicht die unteren, sondern das oberste Geschoss erhöht, so dass zwar dessen Fußbodenkante im Rahmen der Normalhaus-Bestimmungen liegt, aber doch luftiger Platz entsteht für eine Aussichtsterrasse, Versammlungsräume und vor allem für das ideelle Herz der taz: Während selbst traditionelle, renommierte Verlage ihr Archiv in kurzsichtiger Betriebswirtschaftlichkeit auslagern oder gar abschaffen und sich damit des eigenen Gedächtnisses berauben, wird es in der taz künftig regelrecht inszeniert – eben hier oben, als Krone des Hauses und zwar neben dem Server, der die moderne Fortsetzung des traditionellen Papierarchivs ist.

Bleibt zu hoffen, dass das Versprechen der Architekten gehalten wird, die großen Glaswände des neuen taz-Hauses sollen – im Gegensatz zu denen des ebenfalls von ihnen entworfenen, oft und schnell überheizten Hauses der Heinrich-Böll-Stiftung von Bündnis 90/Die Grünen – auch klimatisch funktionieren.

Einer der beiden zweiten Preise dieses Architektenwettbewerbs ging nach Irland, an das Büro heneghan peng architects. Ein anderer Preis ging an die Berliner MARS Architekten: Sie hatten vor allem deswegen das Nachsehen gegenüber den Schweizern, weil sie sich nicht an die Bebauungsgrenzen hielten. Ansonsten war die Jury nämlich sehr angetan von der MARS-Arbeit, die wie im Entwurf für die Zentrale Landesbibliothek (ZLB) mit weiten Durchblicken, luftigen Hallen und semi-industrieller Ästhetik auftrat.

MARS war indes keineswegs das einzige Büro, das die Tatsache ignorierte, dass die taz ein mittelständisches Unternehmen ist, welches sich in Zeiten der Medienkrise jahrelange Verhandlungen über Bebauungspläne nicht leisten kann. Man will schnell bauen, um so die Unabhängigkeit der Zeitung zu sichern.

Und so fiel etwa auch das Berliner Büro Brandlhuber durch, das in seinen Zeichnungen nicht die inzwischen zum Markenzeichen gewordene industrielle Grobheit, sondern ein ästhetisches Raffinement zeigte, welches an Arbeiten des japanischen Büros Sanaa errinnert. Der taz-Versammlungsraum wäre hinreißend – aber die Höfe sind verschwendeter Platz.

Die Schweizer hingegen sehen ihre Treppenhalle als Treffpunkt der Mitarbeiter, der auch noch von außen einsichtig ist. Auch hier fällt wie im ganzen Wettbewerb auf: Die von Konservativen aller Art so oft totgesagte Architektursymbolik, nach der viel Glas auch viel inhaltliche Transparenz andeutet, ist offenkundig sehr lebendig. So entspannt kann neue Medienarchitektur also aussehen. Glückwunsch, taz!

Ausstellung: 4.-14.9. im Forum Factory