Open Air Sommerkino am Kranzler Eck: So wird der ruhige Fleck jetzt wieder lebendiger

Berlin - Eine Insel aus Glas und Stahl liegt direkt am Kurfürstendamm, genau dort, wo er sich mit der Joachimsthaler Straße kreuzt. Obwohl tagsüber und auch bis tief in die Nacht ständig Autos über diese verkehrsreiche Kreuzung brausen, Radfahrer Falschparker zur Räson rufen und Rechtsabbieger hupen, obwohl diese tosende Kreuzung so nah ist, findet man mitten im West-Berliner Großstadttrubel in den Höfen des Kranzler Ecks ein bisschen Ruhe. Es gibt sogar große Vogelvolieren mit bunten Papageien und grün schillernden Sittichen.

An den kommenden Abenden wird es aber doch ein wenig lebendiger dort: Das Kranzler Eck, heute eine moderne Einkaufspassage, erbaut nach Plänen des Architekten Helmut Jahn, lädt zum Sommerkino ein. Auf großer Leinwand werden im großen Hof der Passage zwischen Kantstraße, Joachimsthaler Straße und Kurfürstendamm unter freiem Himmel aktuelle Kinofilme gezeigt. Die Kulisse ist sehr urban, hinter der Leinwand fahren ICEs, Regionalzüge und S-Bahnen vorbei.

Café Kranzler: Hier traf sich die Berliner Bohème

Namensgeber der Passage ist das Café Kranzler, eine Berliner Legende. Im Jahr 1893 eröffnet an der Ecke Kurfürstendamm/Joachimsthaler Straße ein Caféhaus. 1904 wird das Kleine Café um ein Stockwerk erweitert, dort trifft sich bald die Berliner Bohème. 1932 wechselt der Betreiber, das Café wird in Kranzler umbenannt und in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs komplett zerstört. Nach Kriegsende geht der Wiederaufbau des Kurfürstendamms zügig voran. 1958 eröffnet das Café Kranzler in einem Neubau nach Plänen von Hanns Dustmann.

Das Kranzler mit der aufsitzenden Rotunde und der markanten rot-weiß gestreiften Markise wird schnell zu einem Wahrzeichen des Wiederaufbaus und auch des Wirtschaftswunders. Der Kranzler-Schriftzug und die charakteristischen Markisen sind bis heute erhalten geblieben, den Charme hat das Café Kranzler eingebüßt. Eine Kaffeerösterei ist 2016 eingezogen und hat den Hype um Bohnen, Kaffeemaschinen und Cupcakes an den Kudamm gebracht. Ein Kännchen Kaffee und ein StückTorte dazu bekommt man heute nicht mehr im Kranzler.

Kurfürstendamm: Keine Party ohne Rolf Eden

Die wilden Jahren des Kurfürstendamms liegen schon etwas zurück. Welche Bedeutung der Kudamm im Nachkriegs-Nachtleben West-Berlins hatte, beginnt man zu verstehen, wenn man sich den Dokumentarfilm „The Big Eden“ von Peter Dörfler anschaut. Im Mittelpunkt: Rolf Eden, der „letzte Playboy Berlins“, bekannt für seine weißen Anzüge und sein Faible für das Feiern und für für sehr viel jüngere Frauen. Keine Party ohne Rolf Eden, so hieß es früher, den Mann, dem das New Eden, der Eden-Playboy-Club und das Big Eden gehörten. Was viele nicht wissem: Rolf Eden, heute 89 Jahre alt, stammt aus einer jüdischen Familie, floh mit seinen Eltern 1933 nach Palästina, wurde Musiker und kehrte 1956 nach West-Berlin zurück, um seinen ersten Nachtclub zu eröffnen. Von da an ging es steil bergauf.

In der Doku erfährt man viel über Eden und viel über den Boulevard, den Hildegard Knef 1964 in ihrem Lied „Heimweh nach dem Kurfürstendamm“ besingt: „Ich hab so Heimweh nach dem Kurfürstendamm, Berliner Tempo, Betrieb und Tamtam.“ Dieses Tempo ist am Kurfürstendamm heute noch und wieder zu spüren. So kann der Besuch des Sommerkinos im Kranzler Eck auch zu einer Zeitreise ins alte und schillernde West-Berlin werden. Vielleicht flanieren Sie vorher über den guten alten Kudamm?