„Pauschale Diffamierung“: „Lügenpresse“ ist das „Unwort des Jahres 2014“

Darmstadt - „Lügenpresse“ ist das „Unwort des Jahres 2014“. Das teilte die „Unwort“-Jury unter dem Vorsitz der Sprachwissenschaftlerin Nina Janich am Dienstag in Darmstadt mit. Das Schlagwort „war bereits im Ersten Weltkrieg ein zentraler Kampfbegriff und diente auch den Nationalsozialisten zur pauschalen Diffamierung unabhängiger Medien“, hieß es zur Begründung.

„Mit dem Ausdruck „Lügenpresse“ werden Medien pauschal diffamiert“, sagte Janisch. „Eine solche pauschale Verurteilung verhindert fundierte Medienkritik und leistet somit einen Beitrag zur Gefährdung der für die Demokratie so wichtigen Pressefreiheit.“

Zum „Unwort des Jahres 2013“ war „Sozialtourismus“ gewählt worden, 2012 „Opfer-Abo“, 2011 „Döner-Morde“. Die „Unwort“-Aktion gibt es seit 1991.

Neben der unabhängigen, sprachkritischen Jury mit ihrer Sprecherin in Darmstadt wählt davon getrennt die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden das „Wort des Jahres“. Für 2014 wurde im Dezember die Bezeichnung „Lichtgrenze“ bekanntgegeben.

Der Name stand für ein Kunstwerk in Berlin anlässlich des Festakts im vergangenen November zum 25. Jahrestag des Mauerfalls. Knapp 7000 weiße Ballons stiegen in den Himmel. Sie hatten den Verlauf der deutschen Teilung als Lichtgrenze nachgezeichnet.

Eine Auswahl der vergangenen Jahre

2014: „Lügenpresse“: „Eine solche pauschale Verurteilung verhindert fundierte Medienkritik und leistet somit einen Beitrag zur Gefährdung der für die Demokratie so wichtigen Pressefreiheit“, betonte die Jury. Das Schlagwort, das bereits aus der Zeit des Ersten Weltkriegs und des Nationalsozialismus bekannt ist, tauchte zuletzt im Rahmen der islamkritischen Pegida-Proteste auf.

2013: „Sozialtourismus“: Einige Politiker und Medien hätten „gezielt Stimmung gegen unerwünschte Zuwanderer, insbesondere aus Osteuropa, gemacht“, meinte die Jury. Der Ausdruck diskriminiere aber Menschen, „die aus purer Not in Deutschland eine bessere Zukunft suchen, und verschleiert ihr prinzipielles Recht hierzu“.

2012: „Opfer-Abo“: Das Schlagwort hatte Wetter-Moderator Jörg Kachelmann geprägt. Er meinte damit, dass Frauen immer wieder die Opferrolle zugesprochen wird. Die Jury kritisierte, der Begriff stelle Frauen „pauschal und in inakzeptabler Weise“ unter den Verdacht, sexuelle Gewalt zu erfinden und damit selbst Täterinnen zu sein.

2011: „Döner-Morde“: Mit der „sachlich unangemessenen, folkloristisch-stereotypen Etikettierung“ würden ganze Bevölkerungsgruppen ausgegrenzt, erklärte die Jury.

2010: „Alternativlos“: Das Wort suggeriere zu Unrecht, dass keine Diskussion mehr notwendig sei.

2009: „Betriebsratsverseucht“: Damit würden Arbeitnehmer-Interessen in völlig unangemessener Weise als Seuche dargestellt.

2008: „Notleidende Banken“: Der Begriff stelle das Verhältnis von Ursachen und Folgen der Weltwirtschaftskrise auf den Kopf.

2007: „Herdprämie“: Diffamierung von Eltern, insbesondere von Frauen, die ihre Kinder zu Hause erziehen, anstatt einen Krippenplatz in Anspruch zu nehmen.

2006: „Freiwillige Ausreise“: Damit werde suggeriert, dass viele abgelehnte Asylbewerber vor einer Abschiebung „freiwillig“ in ihre Heimat zurückkehrten. Tatsächlich hätten sie keine Wahl. (dpa)