Berlin - Der Journalist Michael Spreng brachte es zu Beginn der Sendung auf den Punkt: In Dresden gegen Muslime aufzustehen, das sei „wie auf Sylt gegen Bergbahnen zu demonstrieren“, sagte er bei Günther Jauch in der ARD. Die einstige Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan war weniger zum Scherzen aufgelegt. Auf den Hinweis, wonach bei Pegida in Dresden die bürgerliche Mitte mitlaufe, erklärte sie, die Mittelschicht sei auch hinter den Nationalsozialisten hergelaufen. Und überhaupt sei die soziale Mitte nicht automatisch demokratisch. Man konnte daran vor allem eines erkennen: Wie ernst die Debatte um die so genannten Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes geworden ist. Es geht längst um die Demokratie als Ganze.
Den Gründen dafür, warum in der sächsischen Hauptstadt zuletzt 10.000 Menschen deren Parolen folgten, kam die Sendung nicht wirklich auf den Grund. Schwan nannte die zunehmende Zahl sozial Deklassierter. Der Kommunikationsforscher Wolfgang Donsbach erklärte, besonders homogene Gesellschaften wie die ostdeutsche hätten besondere Probleme mit dem Fremden. Weiter führte die Ursachenforschung nicht. Leider. Trotzdem hat sich die Sendung gelohnt.
Es wurde sehr deutlich, dass die Demonstranten selbst gar nicht an einem Dialog interessiert sind. Am Rande der Aufmärsche verweigerten sie Interviews im Dutzend. Pegida-Anführer Lutz Bachmann mochte nicht einmal ins Studio kommen – wenngleich sich die ARD weit herunter gebeugt hat, als sie dem chronisch Kriminellen dieses Angebot überhaupt unterbreitete.
Meistgelesene Artikel
AfD will im Pegida-Potenzial fischen
Zudem lieferte Jauch die desaströse Selbstdemaskierung des AfD-Chefs Bernd Lucke, höchst effektiv betrieben vom intelligent angreifenden CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn. Lucke sagte einerseits, er sei beeindruckt von der friedlichen Disziplin der Dresdner Demonstranten. Andererseits mache er sich deren Sache nicht zu Eigen und wisse über die Verantwortlichen auch eigentlich gar nichts. So ging das den ganzen Abend. Mal hielt Lucke Abstand. Dann war er wieder dabei. Das Kalkül war klar: Die AfD will im Pegida-Potenzial fischen. Ihr Chef will es allerdings nicht so deutlich sagen. Der Mann ist ja schließlich deutscher Professor und nicht vorbestraft wie dieser Bachmann. Das Dumme war bloß, dass Luckes Manöver auch noch für den Dümmsten als solche zu erkennen waren.
Als Jauch schlussendlich Luckes Homepage einblenden ließ, auf der stand, dass dieser die Pegida-Forderungen legitim finde, schob der Enttarnte es auf einen Mitarbeiter. Der habe irgendetwas aufgeschrieben. Daraufhin brach Gelächter aus. Und CDU-Generalsekretär Peter Tauber twitterte: „Was die AfD für mich ist, kann ich hier nicht schreiben. Es lesen vielleicht Kinder mit.“