Premiere für "Barcelona-Krimi": ARD verlegt immer mehr Donnerstagsfilme ins Ausland

Der wirkliche Barcelona-Krimi wird ja derzeit in den Nachrichten gezeigt. Die neuen Barcelona-Krimis der ARD, gedreht im Frühjahr und von diesem Donnerstag an gesendet, können und wollen die aktuellen politischen Konflikte nicht verhandeln, zeigen aber Flagge. Immer mal wieder weht eine katalanische Fahne ins Bild.

Die ARD hat noch weitere Krimischauplätze im Ausland gefunden. So startet im Dezember ein deutsch-französischer Grenzkrimi (mit Thomas Sarbacher und Anke Retzlaff), im nächsten Jahr folgen Krimis aus Lissabon (mit Jürgen Tarrach), derzeit gedreht wird in Prag (mit Gabriela Maria Schmeide und Roeland Wiesnekker). Überall soll nicht nur Krimispannung, sondern Entspannung erzielt werden, erklärt ARD-Programmdirektor Volker Herres. „Die Ermittler führen die Zuschauer nicht nur souverän durch den Fall, sondern zugleich durch die Schönheit und Besonderheit ihrer Gegend.“

Neuordnung der Schauplätze

Insgesamt 14 Schauplätze hat die ARD kürzlich dem Konzept der Donnerstagskrimis zugeordnet, davon befinden sich neun komplett im Ausland, so in Bozen, Zürich, Kroatien und der Bretagne –„Kommissar Dupin“ kommt sogar ins französische Fernsehen. Nicht alle Schauplätze bieten tatsächlich Entspannung: Die „Mordkommission Istanbul“ musste wegen der aktuellen Spannungen im deutsch-türkischen Verhältnis nach Thailand ausweichen. Und nicht alle zeigen tatsächlich schöne Landschaften: So setzt „Die Füchsin“ (mit Lina Wendel) auf die Herkunft der Titelheldin als ehemalige Stasi-Agentin, nicht auf den Spielort Düsseldorf.

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Zwar klingt die Zahl 14 nach einer Krimi-Expansion der ARD. Doch gleichzeitig wurde mit dieser Auflistung klargestellt, welche Reihen eingestellt werden. Das Aus trifft vor allem deutsche Drehorte: „Kommissar Pascha“ in München, „Dimitrios Schulze“ in Mannheim, „Zorn“ in Halle und den Kluftinger-Krimi im Allgäu. Aber auch der Urbino-Krimi und der Island-Krimi mit Franka Potente werden nicht fortgesetzt.

Fremde Landschaften besetzt die ARD also gern – fremde Schauspieler aber nur in Nebenrollen. Die Titelcharaktere im Ausland werden von deutschen Kollegen übernommen. Das Vorbild für diese Personalpolitik liefern die Donna-Leon-Krimis in Venedig, wo seit Jahren Uwe Kokisch als Commissario agiert. Eine Besonderheit gibt es beim Tel-Aviv-Krimi: Hier spielt Katharina Lorenz eine Berliner Kommissarin, die ihrem Geliebten nach Israel folgt und dort auch mit israelischen Schauspielern zusammenarbeitet.

Im Barcelona-Krimi sind für die Einheimischen vor allem die Schurkenrollen vorbehalten, so spielt Lluis Marco Paten „El Tauró“ – katalanisch für „Hai“. Warum das Drehteam aber selbst Barcelonas Bürgermeister aus Berlin mitbringen musste, ist unklar. Ein spanischer oder katalanischer Darsteller wäre überzeugender gewesen als Hans-Uwe Bauer als „Baptist Bonet“.

Weniger fremd wirken die beiden Kommissare: Anne Schäfer und Clemens Schick, beide im Fernsehen noch nicht zu häufig zu sehen, spielen Fina Valent und Xavi Bonet, die sich erst zusammenfinden müssen, aber gut ins weltläufige Barcelona passen. Fina muss zudem auf ihre 15-jährige Tochter aufpassen, die sich in einen Zuhälter verliebt hat, Xavis Leidenschaft gilt Männern, was ihn erpressbar macht. Sein Vater – kein anderer als Barcelonas Bürgermeister! – ohrfeigt ihn wegen seines Schwulseins sogar. Clemens Schick zeigt einen coolen, recht verschlossenen Kommissar, den es kaum im Büro hält, der dafür durch die Gassen flaniert und sich in Bars umhört. Auch am Strand ist er immer wieder zu sehen: Bonet entdeckt hier die ersten Leichen selbst.

Der Hai lässt morden

Die beiden Krimi-Stories, die Kai Hafemeister mit Co-Autoren entwickelt hat, folgen demselben dramaturgischen Muster. Ob es sich nun um Drogenhandel und Flüchtlinge handelt wie beim Auftakt, oder um ökologisch fragwürdige Küstenbauten wie in der zweiten Folge – stets steckt „El Tauró“, der Hai, dahinter. Ungerührt lässt er seine Schergen erst morden, dann ermorden. In der Folge „Tod aus der Tiefe“ bleibt die Flucht einer jungen Öko-Aktivistin (Yasemin Cetincaya) vor dem Hai aber zumindest spannend.

Die eigentliche Hauptrolle spielt natürlich Barcelona. Regisseur Jochen Alexander Freydank hat zwei Drittel aller Szenen ins Freie verlegt, jagt gern im Zeitraffer durch die Straßen und führt mit vielen überraschenden Perspektiven eine wirklich aufregende Metropole vor.