Mäuse in der Wohnung: Wie man sein Zuhause mausunfreundlich macht
So menschenfeindlich Berlin manchmal wirken mag, so überaus tierfreundlich ist dieser Lebensraum. Aber jede Gastfreundschaft hat ihre Grenzen.

Auf dem Weg zum Verlagshaus in der Alten Jakobstraße, aus dem wir demnächst ausziehen, passe ich auf den letzten Metern immer besonders auf. Es gilt, mit dem Fahrrad nicht über die Ratten zu rollen, die über den Weg zwischen den Plattenbauten an der Kommandantenstraße und dem Waldeckpark flitzen.
Es ist nicht die Tierliebe, die mich zurückhält, muss ich gestehen, eher die Angst vor dem Fallen. So ein auberginengroßes Hindernis kann einen schon aus dem Tritt bringen. Sehe ich dagegen von Autos überfahrene Ratten auf der Straße, meldet sich nicht Mitleid als erste Gefühlsregung.
Bei anderen Vierbeinern bin ich grundsätzlich gegen jegliche Konfrontation. Ich respektiere den Fuchs wie die Straßenkatze, begrüße gewagte Eichhörnchensprünge, lache über die kleinen Hunde, die meinen großen ankläffen und verurteile nicht den Dackel, der sein Häufchen auf den Bürgersteig setzt, sondern den Mann an seiner Leine, der es nicht aufsammelt (oder zu falschen Zwecken benutzt).
Auf dem U-Bahnhof und im Straßencafé
Dass ich mit Mäusen einmal Probleme bekommen würde, habe ich nicht gedacht. In John Steinbecks Roman „Von Mäusen und Menschen“ habe ich mein Herz zwar an den alten Hund verloren, aber die tote Maus war mir egal. In Berlin sind die putzigen Wesen mindestens so verbreitet wie die Nachtigallen und Spatzen. Im U-Bahnhof Yorckstraße laufen sie wenig scheu über den Bahnsteig, während sie sonst eher auf den Gleisen tanzen. In den warmen Monaten ernähren sie sich von dem, was vor den Cafés auf die Bürgersteige krümelt oder im Biergarten in die Ecke geharkt wird. Hunde graben ihre Gänge auf dem Tempelhofer Feld nach, weshalb man da ein bisschen aufpassen muss beim Spazieren, fußgroß ausgebuddelte Mauselöcher sind tückisch.
In der Wohnung gefallen sie mir nicht. Nach den ersten Spuren im Mülleimer unter der Spüle (dass sie da reinklettern konnten, verstehe ich noch, aber wie fanden sie wieder heraus?) habe ich einiges versucht, um die Wohnung so mausunattraktiv wie nur irgend möglich zu machen. Im Baumarkt liegen Mausartikel neben „Hunde & Katzen Ex“ oder „Hunde-Schreck“ und „Wespen-K.O.-Spray“. Wenn die Frau an der Kasse sagt, dass es keine Schande sei, Mäuse zu haben („Wat meinse, wie viel Fallen ick hier täglich verkoofe?“), dann klingt sie so wenig überzeugend wie dereinst der Mann vom Gesundheitsamt mit den Läusen. Zwar waren die Köpfe der halben Schulklasse befallen, aber als betroffene Mutter machte man sich doch Vorwürfe.
Vielleicht haben die Mäuse bei mir nichts mehr zu essen gefunden, nur noch die Gemütlichkeit. Mein Hund unternahm keine Anstrengungen gegen sie, akzeptierte sie vielleicht wie Besucher. Oder da wirkt Äsops Fabel von der Landmaus und der Stadtmaus nach, der zufolge man die fleißig sammelnden Landmäuse schätzen und die faulen Stadtmäuse verachten soll.
Die Lebendfalle hat ihre Tücken
Aber was soll man mit seiner Tierliebe tun, wenn man die unliebsamen Besucher weder vergiften noch mit dem Fallbeil-artigen Schnapper exekutieren möchte? Da kommen das „Motel Mouse“ oder „Super Cat“ zum Einsatz. Bei beiden Vorrichtungen handelt es sich um Lebendfallen, in denen der Gefangene Platz genug hat, um mehrere Stunden zu überleben. Nahrung ist in Form des Köders ohnehin vorhanden. Nicht nur zahlreiche Bewertungen auf den einschlägigen Internet-Plattformen, auch meine persönliche Erfahrung beweist: Diese Apparate funktionieren. Allerdings kommt es zu einem unglücklichen Kreislauf, einer Art Perpetuum mobile. Die von der Küche ins Gebüsch verbrachte Kreatur nutzt die nächste Gelegenheit, wieder ins Haus zu kommen.