Berlin-Weihnachten ist längst ein globales Fest geworden. Das hat mit dem Kolonialismus der Briten zu tun und mit den US-Truppen im Zweiten Weltkrieg. Die angloamerikanische Kulturindustrie hat ihre Weihnachtsbräuche auch in Europa etabliert, am augenfälligsten in der Figur des dicken, rotgewandeten Santa Claus und seinem von Rentieren gezogenen Schlitten.

Keine Betriebsweihnachtsfeier, ohne dass sich nicht wenigstens einer einen Rentierhaarreif aufgesetzt hat, das Tier ziert Wollpullover, und auf Ebay finden sich unter dem Stichwort „Weihnachtliche Außendirektion“ Rentiere mit Schlitten aus LED-Streifen, die in den Farben Warmweiß und Kaltweiß stimmungsvoll die dunklen Tage erleuchten sollen. Dafür braucht man nicht mal einen Vorgarten. In meiner Straße in Neukölln zieren diese Rentierschlitten bereits ein paar Balkone. Und „Rudy, the red nosed reindeer“ ist als Weihnachtslied viel, viel bekannter als etwa „Dort zwischen Ochs und Eselein“.
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Regen in Lappland
In der Realität aber geht es den Rentieren schlecht. Sie hungern, daran ist der Klimawandel Schuld. In Lappland sind die durchschnittlichen Wintertemperaturen schneller gestiegen als sonst auf der Welt, um fast drei Grad. Das bedeutet, dass es in diesen Dezembertagen nicht nur schneit, sondern zwischendurch auch regnet. Die Eisschicht, die dann auf dem Boden entsteht, ist für die Rentiere lebensgefährlich. Moose und Flechten sind noch da, die Tiere können ihr Futter aber nicht mehr erreichen. Die norwegische Regierung schickt Psychologen in die samischen Dörfer, denn dort steigt die Selbstmordrate. Und das nicht nur, weil der Futtermangel der Herden ein ökonomisches Problem ist. Es ist die Zerstörung ihrer Welt, die diese Menschen niederdrückt.
Weiße Weihnachten, der Schneemann, das Rentier – die Ikonographie der Festtagszeit hat ihre Unschuld längst verloren.