Die Band um Thomas Wydler, Drummer für Die Haut und die Bad Seeds, hieß Out of Chaos, und sie begleiteten den 67-Jährigen mit semi-akustischem Groove beim verwegenen Knödeln durch swingenden Punk-Folkrock. Dafür erinnerte sich Meier auch beherzt an seine wenig dokumentierten chaotischen Punktage – eine Art Retrospektive ungehörter Songs.
Man vergisst derzeit ja leicht, dass es auch Retromusik gibt, die gar nicht neu ist, wie zum Beispiel die von Lee Fields (Lido, 22.3.) Fields begann seine Soul-Karriere Ende der Sechziger Jahre im Stil der Zeit, und er hat sich von dort mit den jeweiligen Black Music-Moden über harten Funk bis zu gelegentlichen House-Beschäftigungen mühsam über Wasser gehalten. Wiederentdeckt hat man ihn zunächst beim Funkrevival der Neunziger, bevor er Mitte des letzten Jahrzehnts plötzlich als Soulklassiker auftauchte. Nach ein paar Singles für das Sharon Jones-Label Daptone landete er bei den New Yorker Stil-Restauratoren Truth & Soul, wo ihm Labelgründer, Produzent und Arrangeur Leon Michels bisher zwei schöne Alben aufnahm. Die wiederum klingen, als hätte Fields sie vierzig Jahre unter Verschluss gehalten, die Stimme irgendwo zwischen Otis Redding und General Johnson, der Sound ein Mix aus Stax und Post-Motown-Labels wie Invictus. Natürlich findet Fields damit heute mehr Erfolg als im damaligen Zeitgeist. Übrigens tritt mit einem ähnlichen Konzept am selben Tag (Gretchen, 22.3.) der Smokey Robinson-Adept Mayer Hawthorne auf, der zu Lebzeiten des Sounds noch nicht geboren war und also Original-Retro-Soul singt.
Verwirrende Wiedergängerei behandeln in ihrem monatlichen Poptalk auch Tobi Müller und BLZ-Popchef Jens Balzer, der dafür seinen derzeitigen Satanistenfortbildungsurlaub unterbricht. Mit der Künstlerin und Kirchenmusikerin Michaela Meise unterhalten sie sich zeit- und themennah über Ostern. (Roter Salon, 27.3.)