Nach Suspendierung wegen Tweet: Sportmoderator Lineker zurück bei der BBC

Der BBC-Moderator Gary Lineker kritisierte die Rhetorik der britischen Regierung. Die BBC suspendierte ihn. Nach lauter Kritik darf er nun wieder zurückkehren.

Der britische Fußballmoderator Gary Lineker kehrt nach einem Spaziergang mit seinem Hund nach Hause zurück. Montag, 13. März 2023, in London. 
Der britische Fußballmoderator Gary Lineker kehrt nach einem Spaziergang mit seinem Hund nach Hause zurück. Montag, 13. März 2023, in London. PA

Twitter ist bekanntlich Fluch und Segen in einem. Nicht erst seit der Übernahme der Mikro-Blogging-Plattform durch Elon Musk. Wo sie Journalist:innen einerseits dient, Inhalte zu pushen, das eigene, journalistische Profil zu schärfen und sich inhaltliche Schlagabtausche mit Andersgesinnten zu liefern, kollidiert, was auf Twitter passiert, bisweilen mit dem Selbstbild derer, die Journalist:innen anstellen.

Immerhin: Tweets sind kein Ergebnis redaktionell klar abgestimmter Textbeiträge, sondern eher spontane, bisweilen undurchdachte und in der Regel extrem verkürzte Spiegelbildchen einer Haltung, die selten deckungsgleich ist mit dem, was Redaktionen als Auftrag zu objektiver Berichterstattung verstehen. Überhaupt gilt, wie die aktive Twitter-Nutzerin weiß, hier die altbekannte Online-Logik: „je plakativer, desto größer“. Eine Logik, durch die Präzision und Ausgewogenheit bisweilen unter den Tisch fallen.

Ein eklatanter Fall eines solchen Twitter-Eklats zwischen Journalist und Arbeitgeber wurde jüngst beim britischen Sender BBC laut. Der prominente Fußball-Moderator Gary Lineker hatte vergangenen Dienstag thesenstark getwittert, dass die Rhetorik der konservativen britischen Regierung gegenüber Geflüchteten „der von Deutschland in den 1930er-Jahren nicht unähnlich“ sei.

Der britische Premier Rishi Sunak und seine Innenministerin Suella Braverman hatten zuvor einen Gesetzentwurf vorgestellt, der irregulär eingereisten Menschen das Recht auf Asyl verwehren soll. Kritik kam unter anderem von der UNHCR, die in dem Vorstoß einen Bruch internationaler Verpflichtungen erkannte. Braverman hatte zuvor polemisch von einer „Invasion“ Geflüchteter gesprochen.

Braverman warf Lineker auf seinen Tweet hin nun vor, den Holocaust zu verharmlosen. Konservative Abgeordnete forderten Konsequenzen. Doch Lineker wollte sich nicht entschuldigen. Wenig später, am Freitag, suspendierte die BBC Lineker. Die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt sah ihre Unabhängigkeit in Gefahr. Womit man bei BBC offenbar nicht gerechnet hatte: Mehrere Moderatoren und Kommentatoren verweigerten aus Solidarität mit Lineker die Arbeit in der Flaggschiff-Sendung „Match of the Day“ – Spielszenen wurden teils ohne Kommentar gezeigt. Kritiker:innen warfen der BBC vor, sich dem Druck der Regierung zu beugen.

Am Montag dann die Kehrtwende: Die BBC teilte mit, Lineker könne nun doch wieder zurückkehren. BBC-Generaldirektor Tim Davie kündigte eine unabhängige Untersuchung der hauseigenen Social-Media-Vorschriften an. Lineker selbst zeigte sich zufrieden. Der Fall wirft nicht nur Fragen zur Unabhängigkeit öffentlich-rechtlicher Sender und umstrittener Social-Media-Policies in Redaktionen auf, sondern zeigt auch: dass Twitter eben doch nicht nur Schlechtes bewirken kann.