Berlin-Wer in das exklusive „Colloquium Conatus“, eine Geheimloge elitärer Juristen, aufgenommen werden will, muss einige Prüfungen ablegen – die hier natürlich „Probatio“ genannt werden. Benjamin (Anton von Lucke), von den anderen Geheimbündlern als „Unterschichtenkind“ verspottet, muss sich erst im Keller zu Trommelwirbel mit einem Berserker blutig prügeln, dann ein Referat zum Thema „Das perfekte Verbrechen“ halten.

Zur selben Zeit wird eine Jurastudentin mitten auf dem Gendarmenmarkt erschossen – der Schuss kam aus der „Berlin School Of Law“, wo Benjamin als Stipendiat studiert. Seine Kommilitonen der privaten Jura-Uni zahlen 25.000 Euro für jedes Semester. Für diesen Schuss aus dem Nichts gibt es ein reales Vorbild. 1997 wurde die Jurastudentin Marta Russo auf dem Hof der Juristischen Fakultät in Rom erschossen – zwei Doktoranden der Rechtsphilosophie hatten offenbar ihre Thesen zum Thema „Perfekter Mord“ beweisen wollen: Kein Motiv, keine Waffe, kein Beweis.
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Studenten mit Sportwagen und Markenklamotten
Der Drehbuchautor Michael Comtesse zitiert diesen Fall, der in Italien jahrelang diskutiert worden war, und gibt damit eine klare Richtung vor. Der „Tatort“ der Regisseurin Brigitte Maria Bertele betreibt einigen Aufwand, um das Milieu der elitären Juristen zu charakterisieren, die von sich behaupten: „Man kann machen, was man will, solange man die Führung hat“. Die Ausstatter haben eine Potsdamer Villa als Quartier von vier Jurastudenten wie ein düsteres Jagdschloss ausstaffiert, einer schwärmt von den „erhabenen Momenten“ beim Hirsche-Schießen. Natürlich fahren sie teure Sportwagen und tragen Markenklamotten. Den mächtigen Patron der Geheimloge verkörpert Peter Kurth mit gewohnter Präsenz. Mit Anton von Lucke, der hier seinen Protegé spielt, war er ja schon in „Babylon Berlin“ aufgetreten.
Die Berliner Kommissare stoßen auf die erwartete Mauer des Schweigens und der Arroganz: Einen „Club der schweigenden Jäger“ nennt Karow (Mark Waschke) die angehenden Juristen spöttisch. Doch diese Verdächtigen bleiben Schnösel von der Stange und nerven gehörig. Immer wieder wird die Maxime „Ich kann, weil ich will, was ich muss“ ausgestoßen – die zwar Immanuel Kant zugeschrieben wird, aber gern auch von diversen Motivationstrainern benutzt wird. Die Absicht, die Überheblichkeit der elitären reichen Zirkel bloßzustellen, spricht aus jeder Szene. Ein echter temporeicher Berlin-Krimi entwickelt sich in diesem abgehoben-abseitigen Milieu nie, der elfte Fall von Karow und Rubin ist vielleicht der langweiligste überhaupt. Von der Raffinesse und Perfektion, wie sie Erol Yesilkaya (Buch) und Sebastian Marka (Regie) vor zwei Jahren mit „Meta“ bewiesen, ist „Das perfekte Verbrechen“ weit entfernt.