Tatort-Kritik : Der Besessene und der Held

Köln - Der Münchner Tatort „Allmächtig“ in sechs Schritten analysiert:

Darum ging’s:

Der fiese Entertainer Albert A. Anast (Alexander Schubert) taucht nicht bei der Feier seiner Videoagentur auf – höchst seltsam für den, der sonst keine Gelegenheit auslässt, sich selbst zu beweihräuchern. Albert A. Anast führt in seinen Internetfilmen Menschen vor, die es ohnehin nicht leicht haben und macht sich damit viele Feinde. Also müssen die Ermittler Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) bei Anasts Verschwinden vom Schlimmsten ausgehen – Verdächtige mit ausreichenden Motiven gibt es genug, sowohl inner- als auch außerhalb der Agentur. Kistenweise E-Mails mit Morddrohungen machen die Auswahl für die Kommissare nicht leichter.

Das ist der Schuldige:

Ein Tatort wie ein Dan Brown-Krimi: Rufus (Albrecht Abraham Schuch), der junge Anwärter auf das Priesteramt, verfällt in einen religiösen Wahn, will Albert A. Anast den Teufel austreiben und verpasst ihm, kurz bevor er ihn umbringt, noch schnell die letzte Ölung. Rufus, den wir als netten, Vespa-fahrenden jungen Mann kennen lernen, offenbart sich immer mehr als Fanatiker, der Höhepunkt ist das Rezitieren von Bibelsprüchen, während er die Videoagentur – und sich selbst gleich mit – abfackeln möchte.

So waren die Schauspieler:

Nahezu ausnahmslos gut, besonders den etwas verschusselt wirkenden IT-Spezialisten Hannes Karlhuber (David Baalcke) würde man im Münchner Tatort gerne noch häufiger sehen. Ein lustiger Kerl.

Szene, die man sich hätte sparen können:

 Der ehemalige Neonazi schreit "Ich bin kein Nazi!", wird dabei gefilmt und von Albert A. Anast aus der Reserve gelockt. Später schauen wir Nik Erdmann (Dominik Boeer) beim Schneiden des Filmchens über die Schulter, er fordert den Cutter auf: "Mach mal das "kein" raus." Also sagt der ehemalige Neonazi jetzt: "Ich bin'n Nazi." Vielen Dank, aber wir hätten auch so verstanden, dass die Methoden der Agentur nicht ganz einwandfrei sind.

Beste Sätze:

„Du immer mit deinen scheiß Heldenaktionen. Unprofessionell sowas", sagt Leitmayr zu Batic nach dessen Rettungsaktion im brennenden Studio. Sehr schön!

Fazit:

Ein toller Tatort mit vielen verschiedenen Facetten und spannendem Showdown in der ehemaligen Fabrikhalle. Etwas unverständlich bleibt nur, warum ein Tatort, der im Hochsommer spielt, kurz vor Weihnachten ausgestrahlt wird.