Münster-„Tatort“: Leise rieselt das Mehl

Die Folge spielt mit den Ritualen der Vorweihnachtszeit und braucht eine Weile, um in Schwung zu kommen.

Berlin-Der eine trinkt lieber Champagner, der andere Bier. Trotzdem müssen Rechtsmediziner Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) und Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl) mit Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Grossmann) einen Glühwein auf dem Münsteraner Weihnachtsmarkt trinken – und beiden ist anzusehen, wie sehr sie sich damit quälen.

Am Sonntagabend im Einsatz: Frank Thiel (Axel Prahl, l.) und Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers).
Am Sonntagabend im Einsatz: Frank Thiel (Axel Prahl, l.) und Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers).dpa/Rolf Vennenbernd

Zu den seltsamen Ritualen in der Adventszeit gehört auch das Verfertigen heimeliger „Weihnachtsfilme“, dieser Brauch verschont nicht mal mehr den „Tatort“. Boerne und Thiel, beide Single, haben nichts Festes vor und können sich also in einen Fall hineinknien, der schon vor Gericht verhandelt wurde. Doch dann entführt ein Russe im Weihnachtsmannkostüm (Sascha Alexander Gersak) Kommissarin Krusenstern (Friederike Kempter), um die Ermittlungen neu aufrollen zu lassen. Seltsamerweise nehmen die Polizisten die Entführung einer Kollegin nicht sonderlich ernst, sondern recherchieren irgendwie vor sich hin – das wirkt mitunter fast so einschläfernd wie ein lauer Punsch.

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Russischer Bär, Väterchen Frost und Wodka

Am auffälligsten bleiben noch die Albtraum-Bilder, die Kommissar Thiel befallen und bei denen die Stammautoren Stefan Cantz und Jan Hinter die allerdicksten Russen-Klischees bemühen: Mal brüllt der russische Bär herum, mal schlägt Väterchen Frost zu. Der Entführer wiederum trinkt gern Wodka und findet, alle Russen seien ein bisschen irre. Es dauert fast eine volle Stunde, bis der Film von Torsten C. Fischer mit der ersten wirklich spannenden Szene aufwartet – David Bennent hatte schon von Beginn so diabolische Blicke über den Weihnachtsmarkt schweifen und eine Vorliebe für Nussknacker erkennen lassen.

Erst danach findet der Krimi zu seiner gewohnten Münsteraner Mischung aus bizarren Details und launigen Dialogen, und wie hier Elefantengetröte, eine alte Mühle und die Mehlstauballergie von Kollegin Krusenstern miteinander zu einem Finale im Mehlnebel verwirbelt werden, das macht dann doch wieder Spaß.

Tatort: Väterchen Frost Sonntag, 22. 12., 20.15, ARD