Orban will die Macht über die Theater- und Filmuniversität in Budapest

Viktor Orban bringt die Theater- und Filmuniversität Budapest auf Regierungskurs. Die Studierenden protestieren und besetzen das Lehrgebäude.

Budapest VIII. Bezirk. Im Zeichen des konservativ-autoritären Kulturkampfes übernehmen regierungsnahe Kreise die Theater- und Filmhochschule SZFE. Die Studierenden reagierten am 31. August 2020 mit der Besetzung und der Blockade des Gebäudes.
Budapest VIII. Bezirk. Im Zeichen des konservativ-autoritären Kulturkampfes übernehmen regierungsnahe Kreise die Theater- und Filmhochschule SZFE. Die Studierenden reagierten am 31. August 2020 mit der Besetzung und der Blockade des Gebäudes.Foto: imago images/Martin Fejer

Budapest-Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban will es wissen: Erst attackiert er die freien Medien und installiert durch regierungsnahe Stiftungen neue Führungsebenen in den letzten unabhängigen Nachrichtenredaktionen. Nun will er die Macht über die Universitäten. 

Vergangene Woche hat die Regierung an der renommierten Universität für Theater- und Filmkunst in Budapest (SZFE) das Direktorium ausgetauscht. Ein Stiftungsrat namens „Stiftung für Theater und Filmkunst“ wurde gegründet und überraschend installiert. Deren Leiter ist Attila Vidnyanszky, ein Vertrauter Viktor Orbans und seit 2013 Intendant des Budapester Nationaltheaters. Auch die anderen Personen, die den Stiftungsrat besetzen, gelten als regierungsnah. Das alte Direktorium, bestehend etwa aus dem Theaterregisseur Laszlo Bagossy, wurde von seiner Funktion befreit. Nach Bekanntgabe reagierten die Studierenden mit Protesten und besetzten das Universitätsgebäude. Sie wollen eine transparente Wahl der Führungsebene und, wie zuvor, mehr Mitspracherecht.

Im Gespräch mit der Berliner Zeitung bestätigt Laszlo Bagossy, dass die Proteste weiterhin anhalten. „Wir konnten das Semester am 7. September nicht regulär beginnen“, sagt Bagossy. „Viele Lehrende haben ihren Job gekündigt, außerdem blockieren Studierende nach wie vor das Gebäude.“

Laszlo Bagossy klingt verzweifelt. Dass die Regierung um Ministerpräsident Viktor Orban sich von den Protesten einschüchtern und zum Umdenken verleiten lässt, das glaubt er nicht. „Ich sehe kaum eine Chance, dass das Regime Zugeständnisse macht. Orban kennt nur eine Sprache: die Sprache der Macht. Wir sind die kleinste Universität in Ungarn. Und wir brauchen dringend Solidarität durch die anderen Universitäten.“

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Ein erstes solidarisches Zeichen kommt indes aus Deutschland. Das Berliner Ensemble will auf ein Gastspiel in Ungarn verzichten und damit ein Zeichen gegen die Vorgänge an der Budapester Theaterhochschule setzen. „Mit großer Bestürzung schauen wir auf die aktuellen Entwicklungen der Theaterszene in Budapest“, teilte Intendant Oliver Reese mit.