Der Intendant und Regisseur Christoph Schroth ist gestorben

Christoph Schroth war ein Mann fürs Praktische. Sein Theater suchte das Spektakel im Elitären und das Spiel im Konflikt. Eine Strategie für das Theater heute.

Christoph Schroth (1937–2022). 
Christoph Schroth (1937–2022). Marlies Kross

Christoph Schroths Name ist mit solchen Theaterlegenden verbunden, die vielleicht eine Nummer kleiner und ein bisschen schneller vergessen sind als die, die da in die Ewigkeit hinüberstrahlen wollen. Dafür aber sind diese Legenden auch einen Tick praktischer, um nicht zu sagen wirklicher. Das ist auch deshalb erstaunlich, weil der 1937 in eine Dresdener Theaterfamilie Geborene durchaus erst einmal von der theoretischen Seite an die Sache heranging. Er studierte Journalistik in Leipzig, hängte später ein Theaterwissenschaftsstudium dran und hatte auch da noch nicht genug von der Wissenschaft, sondern befasste sich im Rahmen eines Fernstudiums mit der Philosophie. Aber auch das aus praktischem Grund. Da schien jemand Argumente zu sammeln.

Auf dem anderen Gleis hatte er zuerst als Assistent am Gorki, dann als Regiedebütant an der Volksbühne mit der praktischen Theaterarbeit begonnen und machte hier seine DDR-typischen Erfahrungen, indem zwei Inszenierungen, die er in den Sechzigern für das Landestheater Halle einrichtete, verboten wurden.

Spektakel und Zonenrandermutigungen

Nach seinem Philosophiestudium fühlte er sich offenbar gerüstet genug, um als Schauspieldirektor das Mecklenburgische Staatstheater in Schwerin zu leiten und schon damals die Tore weit zu öffnen und die Schwellen für das Publikum zu senken. Teil dieser Bemühungen waren die damals noch „Entdeckungen“ genannten Spektakel, deren Konzept später von Benno Besson an der Volksbühne mit Erfolg kopiert wurden. Im Rahmen dieser Spektakel waren auch solche Projekte möglich, die für sich genommen zu viel Aufmerksamkeit von besorgten Zensoren auf sich gezogen hätten. Außerdem konnte man als Zuschauer nicht viel falsch machen, weil das Angebot vielfältig war. Für manchen Theatermenschen erschien das allerdings nicht hehr genug und zu populistisch.

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So schreckte Schroth nicht davor zurück, den ganzen „Faust“ an einem Abend zu inszenieren und zu einem sinnlichen Theaterfest werden zu lassen. Und das nach dem das östliche Abendland grundstürzenden Skandal um den „Faust“ am Deutschen Theater. Während andere lamentierten und sich verkämpften, ließ Schroth spielen. Sein Ensemble liebte ihn dafür. Und ebenso das Publikum, das er nach dem Untergang der DDR und nach einem Intermezzo am Berliner Ensemble als Intendant in Cottbus für „Zonenrandermutigungen“ ins Haus holte. Wie das Cottbusser Theater meldet, ist der langjährige Intendant und Regisseur Christoph Schroth am Dienstag im Alter von 85 Jahren gestorben. Diese Nachricht habe das Theater von der Ehefrau Barbara Bachmann und seinem Sohn, Regisseur Andreas Dresen, erfahren.