Neue 20er-Jahre-Revue im Wintergarten: Diva Tomasz lässt es wackeln

Mit der Revue „Golden Years“ will das Varieté an die Glanzzeit Berlins anknüpfen. Höhepunkt der Show ist der Auftritt der Mohamed Brothers aus Tansania.

Das Duo Randols mit seiner Rollschuh-Nummer ist Teil der Revue „Golden Years“ im Wintergarten.
Das Duo Randols mit seiner Rollschuh-Nummer ist Teil der Revue „Golden Years“ im Wintergarten.Ben Duentsch

Die Goldenen 20er lassen Berlin nicht los. Noch immer finden 20er-Jahre-Partys statt, die sich als Hommage an das ausschweifende Nachtleben vor hundert Jahren begreifen. Dass der Mythos der wilden Zeit immer noch zieht, bewies auch die Serie „Babylon Berlin“. Und was läge näher, als dass der Wintergarten die Nähe zu dieser Zeit sucht, in der die Vergnügungssucht die Berliner auch in Varietés führte. Der Wintergarten existierte in dieser Zeit bereits, allerdings in einem Gebäude südlich des Bahnhofs Friedrichstraße, es wurde 1944 durch einen Bombenangriff zerstört.

Im Jahr 2020 legte der Wintergarten „20 20 – Die 20er Jahre Varieté Revue“ auf, sie musste pandemiebedingt nach vier Wochen schließen. Aber das kann es ja wohl nicht gewesen sein, haben sie sich in dem Varieté an der Potsdamer Straße gedacht. Das neue 20er-Jahre-Programm heißt nun „Berlin Golden Years“, die Bühne ist höchst liebevoll im Art-Deco-Stil hergerichtet, mit einer Empore, von der zu beiden Seiten sich rundende Treppen herabführen, oben spielt die vierköpfige Band.

Das Stichwort liebevoll passt zu dem ganzen Abend ganz gut, man fühlt sich wohl in diesem Haus und gut unterhalten, auch wenn das Programm nicht so aufregend innovativ ist wie das der letzten Show mit den Flying Steps.

Eliane Baranton mit ihrer unglaublichen Tischnummer

Aber allein der Auftritt von Eliane Baranton lohnt den Besuch. Sie ist über 70, hat noch Josephine Baker kennengelernt, wie die Show-Moderatoren erwähnen, die Tänzerin, die in den 20er-Jahren das Berliner Publikum um den Verstand brachte. Eliane Baranton verkörpert also gleichsam die Verbindung zur glorreichen Vergangenheit, aber sie ist beileibe keine Artistin, die es im Alter nicht mehr richtig draufhat. Bei der Nummer, in der die Französin einen ziemlich großen Holztisch auf ihren Beinen jongliert, herumwirft, wieder auffängt und auf einer Fußspitze balanciert, kann man Tränen lachen und vor Aufregung außer Atem kommen.

Der Auftritt des Trio Csaszar, zweier beleibter älterer Ungarn und einer Akrobatin auf dem Schleuderbrett, stieß an unserem Tisch auf geteilte Reaktionen. Einer verortete die Nummer eher im Garten seiner alten Eltern in Strausberg als auf einer Metropolenbühne, eine andere war von der sympathischen Ausstrahlung des Trios angetan und von dessen Wagemut in diesem Alter, in dem andere schon Mühe haben, schnell die Treppe hinunterzulaufen. Der dreifache Salto Mortale der Akrobatin beeindruckte dann aber alle am Tisch.

Zwei Foxterrier als Stars im Wintergarten

Rodrigue Funke führt zusammen mit der verrucht wirkenden Nina de Lianin nicht nur als Conférencier durch die Show, er führte auch Regie und hat zusammen mit seinen zwei frechen Hunden, einem Drahthaar- und einem American Toys Foxterrier, zwei Nummern, die man als Parodie auf die Kunststücke von Zirkuslöwen und -tigern verstehen kann. Ach, man müsste noch viel mehr erwähnen. Diva Tomasz etwa, die als Bauchtänzerin vorführt, was man am Körper alles wackeln und erzittern lassen kann.

Höhepunkt der Show ist aber der Auftritt der Mohamed Brothers aus Tansania, die Rodrigue Funke auf Instagram entdeckt hat. Sie balancieren einander auf Händen und Füßen und nehmen dabei die verrücktesten Positionen ein. Als wir sie nach der Show unserer Bewunderung versichern, verblüffen sie mit der Aussage, sie würden nur eine Stunde pro Tag trainieren. Unglaublich!