Sehenswertes aus Neukölln: das Musical „Paradise Lost“ an der Neuköllner Oper

Die Neuköllner Oper feiert mit dem neuen Stück die schon 25 Jahre währende Zusammenarbeit des Hauses mit dem Studiengang Musical/Show der UdK Berlin.

An der Neuköllner Oper gibt es ein neues Musical: „Paradise Lost“.
An der Neuköllner Oper gibt es ein neues Musical: „Paradise Lost“.Thomas Koy

Ein Musical, das sich selbst zum Thema hat: Einen besseren Stoff könnte es nicht geben, um die 25 Jahre währende Zusammenarbeit der Neuköllner Oper mit dem Studiengang Musical/Show an der UdK Berlin zu feiern. Der Regisseur Peter Lund hat seinen Studenten ein Stück auf den Leib geschrieben, Thomas Zaufke hat die eingängige Musik dazu geschrieben. „Paradise Lost“ heißt das absolut sehenswerte, liebenswerte Stück, bei dem sich alles um eine Musical-Produktion in der Provinz dreht. Und um die Schöpfungsgeschichte. Am Samstag war Premiere.

Gestreift werden all die Themen, mit denen man als junger darstellender Künstler zu kämpfen hat. Von den Eltern, die ihren Kindern einen Brotberuf wünschen, kann Maja (Isabella Seliger) ein Lied singen: „Papa, weißt du wo ich hier bin“. Weiter geht es um Konkurrenzkampf, Schleimerei, Affären im Ensemble, die Trostlosigkeit der Hotelzimmer und den ewigen Geldmangel. Die prekäre Existenz nimmt die Bühne auf, ein schräges Oval, von dem man jederzeit herunterrutschen kann. Aber für Geld macht man Kunst ja schließlich nicht, oder? Es ist ja auch wirklich vertrackt, weil man sich als Künstler mehr mit seinem Beruf identifiziert als fast in jedem anderen Beruf: „Hier möchte ich sein, hier gehör ich hin. Jemand hat mich gesehen, jemand hat mich gespürt, und dafür bin ich hier.“

Nach der Pause kommt in der Neuköllner Oper auch noch MeToo ins Spiel

Der Regisseur ist ein allmächtiger Gott, folgerichtig ist er in „Paradise Lost“ zwar allgegenwärtig, aber nie zu sehen. Seine meist niederschmetternden Botschaften überbringt seine Assistentin (Annika Steinkamp), die ihn hasst, aber spurt.

Nach der Pause in der zweieinhalbstündigen Vorführung kommt dann auch noch MeToo ins Spiel. Und vor allem jetzt wird dank der Findigkeit Peter Lunds deutlich, welch abgründige Parallelen sich zwischen Altem Testament und Theater auftun.

Es ist eine Freude, diesem engagierten, in jeder Hinsicht begabten Ensemble zuzusehen. Wahrscheinlich verfügen sie alle die im Rollen-Wettbewerb so gefürchtete Dreifachbegabung, können also tanzen, spielen und singen. Hervorzuheben ist das Aschenputtel, die Ankleiderin (Steffen Gerstle), die für alle Fälle immer einen Flachmann mit einem Fischöl-Wodka-Mix in der Tasche ihres blauen Kittels hat.