30 Jahre GZSZ: Mehr gute als schlechte Zeiten

Am 11. Mai 1992 lief „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ zum ersten Mal, RTL feiert mit einer Sonderfolge in Spielfilmlänge. Wird Jo Gerner das überleben?

Familie Richter: Heiko (Andreas Elsholz) und seine Eltern Vera und Clemens.
Familie Richter: Heiko (Andreas Elsholz) und seine Eltern Vera und Clemens.imago/United Archives

Heiko Richter ist schwer genervt. Seine Eltern, Vera und Clemens, kommen frühzeitig aus dem Urlaub zurück, die sturmfreie Woche wird dadurch jäh verkürzt, inklusive der geplanten Liebesnacht mit seiner Freundin Tina. „Was ist denn?“, sind die ersten Worte bei „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“.

Wer diese Szene kennt, hat im Mai 1992 – damals bestimmt noch vor dem großen Röhrenfernseher – RTL geschaut. Schon Tage vorher wurde GZSZ als „erste tägliche deutsche Super-Serie“ auf dem Privatsender angekündigt. Eine Ankündigung, die sich im Nachhinein bewahrheiten sollte. Denn die Seifenoper, oder: Daily Soap, wurde schnell zum Quotenhit bei RTL. Noch heute schalten täglich über 2,5 Millionen Menschen ein. Mit einem vergleichsweise niedrigen Produktionsbudget der Sendung, eine Folge soll weniger als 100.000 Euro kosten, werden Werbeeinnahmen in Millionenhöhe generiert.

Teenie-Schwarm Andreas Elsholz singt über „Summertime“

Andreas Elsholz spielte damals Heiko Richter, den seine Serien-Mutter Vera in jeder Folge sicher mindestens einmal „Mausebär“ rief. Elsholz wurde schnell zum Idol der meist jungen Zuschauerinnen und Zuschauer, gleichzeitig zum ersten GZSZ-Star, der versuchte, auf dem Vorabendserienerfolg eine Musikkarriere aufzubauen. Mit mäßigem Erfolg. In „Summertime“ konnte er sich aber auch an den einfachen Dingen des Lebens erfreuen: „Braungebrannt, denn das kommt charmant. Um mich rum nur fröhliche Leute, morgen ist morgen, ich liebe heute.“

Dagegen ging es in drei Jahrzehnten GZSZ oft auch um schwer verdauliche und brisante Gesellschaftsthemen: Scheinehen, Inzest, sexualisierte Gewalt, Verhaltens- und Essstörungen und haufenweise Entführungen, tödliche Unfälle und Morde.

Schon am Ende der allerersten Folge steht die Scheidung von Heikos Eltern im Raum und deren Freundin Elisabeth Meinhart versucht sich nach einer schweren Krankheitsdiagnose umzubringen. Dass GZSZ-Urgestein Jo Gerner (Wolfgang Bahro) nach fast dreißig Jahren – noch (es gilt die Jubiläumsfolge abzuwarten) – lebt, grenzt an ein übernatürliches Wunder.

Kais Korner, Daniels Bar, Mauerwerk

Trotz der mitunter echten gesellschaftlichen Relevanz hat „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ insgesamt mit Realismus freilich nicht viel zu tun. Selbst prekär arbeitende oder studierende Bewohnerinnen und Bewohner des Kiezes leben meistens in großzügig geschnittenen Altbauwohnung mitten im Kiez. Überhaupt sucht im GZSZ-Universum niemand lange nach einer Bleibe – und findet dann stets eine ganz in der Nähe. Für die RTL-Autoren in Köln mag das vielleicht normal sein, für Berlinerinnen und Berliner gestaltet sich die Wohnungssuche erfahrungsgemäß deutlich schwieriger.

Wohnt man erst einmal im GZSZ-Kiez, trinkt man – je nach Jahrzehnt – in Kais Korner oder im Café Mocca Kaffee, speist im Restaurant Fasan und feiert im Bluebird oder in Daniels Bar. Dort treten dann auch immer die prominenten Gaststars auf, denn mehr als einen wichtigen Club, eine Bar, gibt es im GZSZ-Berlin nicht.

Gerade in den Anfangsjahren war „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ entweder ein Stelldichein der beliebtesten Bravo-Gesichter oder Sprungbrett für zukünftige Teeniestars: Caught in the Act hat hier geträllert und wurde dadurch deutschlandweit bekannt, Lucilectric und Tic Tac Toe schauten auch vorbei. Mittlerweile steigen die Partys im Mauerwerk, ganz Berlin-typisch, nur einmal im Monat. Gesungen wird trotzdem: Lena kam schon vorbei, Ed Sheeran säuselte hier auch schon ins Mikro, Mando Diao ebenso.

Altbundeskanzler Gerhard Schröder hatte Gastauftritt

Auch die Politik wusste von Anfang an um den GZSZ-Sog bei jungen Wählerinnen und Wählern, besonders medienaffine Genossen tauchten gern mal im Kiez auf: Der damalige Ministerpräsident, spätere Bundeskanzler und heutige Putin-Freund Gerhard Schröder schaute wenige Monate vor seiner Wahl im Sommer 1998 vorbei. Klaus Wowereit spielte sich selbst, auch Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck schaute vorbei.

Als Politiker eignet sich Jo Gerner eher nicht, oder ganz besonders, je nach Blickwinkel. Wolfgang Bahro stieß im Februar 1993 dazu, feiert also auch bald sein ganz persönliches 30-jähriges Serienbestehen. Heute Abend wird es für ihn aber eng: Gerner ist nämlich auf der Flucht vor der korrupten Polizei und muss sich angeschossenen in einem Parkhaus verstecken. Überlebt er? Fans können es heute Abend, ab 19.40 Uhr, in Spielfilmlänge herausfinden.