Der neue „Schwarzwald“-Tatort: Wilder Wolf und wildes Wetter
Als eine Leiche auftaucht, muss ein zehn Jahre alter Fall neu aufgewickelt werden. Die Schwarzwälder gebaren sich ruppig – wird der Wolf das überleben?

Schon wieder trabt ein Wolf durch einen Fernsehkrimi – inzwischen hat der Isegrim fast jeden „Tatort“ oder „Polizeiruf“ mal besucht, nun also auch den Schwarzwald. Experten dürfen also nicht nur die Frage nach dem Täter stellen, sondern auch darüber rätseln, ob der Filmstab hier tatsächlich einen echten Wolf gefilmt oder mal wieder nur einen Wolfshund vor die Kamera gesetzt hat – so wie einst der ZDF-Tierfilmer Andreas Kieling. Das Tier reißt zwar Schafe und steht eines Nachts im Wald der Kommissarin Franziska Tobler (Eva Löbau) gegenüber, doch der Täter ist er nicht. Denn die junge Frau namens Rosa, die mehr als zehn Jahre nach ihrem Verschwinden als Skelett unter einem Baumstamm am See gefunden wird, zeigt keine Spuren von Gewalt.
Das Duo Tobler und Berg (Hans-Jochen Wagner) hatte damals vergeblich ermittelt und einen gewalttätigen Alkoholiker verhört, der das Opfer schon einmal angegriffen hatte. Nun kommen sie wieder in das Dorf, wo gerade die Tochter der Toten ihre Konfirmation feiert. Toni (Carlotta Bähre) war als Kleinkind von der damals minderjährigen Rosa zur Tante nach Berlin gegeben worden und lebt nun bei den Großeltern (Inka Friedrich und Cornelius Obonya) im Schwarzwald.
Was ist mit dem Wetter im Schwarzwald los?
Tobler und Berg müssen also einen neuen Anlauf nehmen und holen alle Beteiligten ins Dorf zurück, um den letzten Abend von Rosa zu rekonstruieren: ihre beste Freundin, die inzwischen in Berlin lebt (Canan Samadi), ihren damaligen Freund (Tonio Schneider), der die Schwangere sitzen ließ, den einstigen Alkoholiker (Aurel Manthei), der inzwischen trocken und ins Dorf zurückgekehrt ist, aber dort immer noch ausgegrenzt wird.
Die Abwehr eines Außenseiters stand schon im Mittelpunkt des vorigen Schwarzwald-„Tatorts“, „Die Blicke der anderen“, vor wenigen Wochen. Der Film der Autorin Nicole Armbruster und der Regisseurin Julia Langhof springt nun zwischen den Zeitebenen und Perspektiven hin und her, was mitunter irritiert. Geradezu verwirrend aber ist der permanente Wetterwechsel in der Jetztzeit. Wenn die Kommissare unten im grünen Tal losfahren, stecken sie Sekunden später im Tiefschnee, und der verdutzte Flachländler fragt sich: Springt im Schwarzwald das Wetter derart rasch um, liegen verschiedene Ortsteile dort in verschiedenen Klimazonen – oder hatte die Crew im Dezember 2021 im Bergdorf Menzenschwand einfach zu wenige Drehtage, um die Wetterkapriolen einigermaßen sinnvoll ausgleichen zu können?
Eine neue Dramatik gewinnt der Schwarzwälder „Tatort“, als eine wichtige Zeugin tot aufgefunden wird, sich die Konflikte und die gegenseitigen Anschuldigungen zuspitzen – und verhängnisvolle Fehlschlüsse gezogen werden. Tobler und Berg führen ihre Ermittlungen in den holzverzierten Wohnzimmern und Gaststuben, die heimelig-einladend wirken, während die Befragten immer abweisender und schroffer gegenüber allen Fremden auftreten. Irgendwann soll der zugewanderte Wolf vertrieben werden. Schauspielerisch ist all das dank der Auftritte von Inka Friedrich oder Aurel Manthei sehenswert, auch Eva Löbau und Hans-Jochen Wagner vermeiden die peinlichen Aufgeregtheiten mancher „Tatort“-Kollegen.
Wertung: 3 von 5
Tatort: Unten im Tal. Sonntag, 12. Februar, 20.20 Uhr, ARD