Rostocker „Polizeiruf 110“: trans Mann unter Verdacht

Daniela führt ein Leben als Frau, nur im Nachtleben traut sie sich, als Daniel aufzutreten – und wird als dieser eines Verbrechens beschuldigt. 

Jonathan Perleth spielt den trans Mann Daniel A. und vertritt privat die Haltung, dass trans Figuren ausschließlich von trans Personen gespielt werden sollten.
Jonathan Perleth spielt den trans Mann Daniel A. und vertritt privat die Haltung, dass trans Figuren ausschließlich von trans Personen gespielt werden sollten.Christine Schröder/NDR

Ein androgyner blonder Typ (Jonathan Perleth) stylt sich auf dem Klo eines Rostocker Clubs für ein Rendezvous: Daniel A. wirkt fast wie David B(owie). Doch vor dem Club verabschiedet er sich von seiner Bekanntschaft und steigt allein in sein Wohnmobil. Die junge Frau trifft derweil auf dem Parkplatz auf einen hartnäckigen Stalker, wird von ihm gegen das Auto gestoßen und stirbt an den Folgen des Sturzes. Unter Verdacht gerät jene blonde Person, die mit dem Opfer zuvor im Club war – LKA-Frau Katrin König (Anneke Kim Sarnau) lässt ein Phantombild zeichnen, das Daniel sehr gut trifft. Unter dem Vornamen allerdings können ihn die Ermittler nicht finden. Denn Daniel, der sich abends heimlich zum Mann macht, lebt in Familie und Job immer noch als Daniela – und fürchtet nun sein Zwangsouting.

Wie es der Titel „Daniel A.“ schon andeutet, stellt dieser Rostocker „Polizeiruf“ die Figur ganz in den Mittelpunkt. Der Tathergang ist von Beginn an klar, die Krimistory von Benjamin Hessler bleibt im Hintergrund, und jene Szenen, die gegen Ende mit einer geladenen Pistole noch einmal äußere Dramatik erzeugen sollen, wirken allzu konstruiert. Der Film ist also eher ein sozialpädagogischer Aufklärungsfilm über die Nöte eines Menschen, der nicht mehr als Frau leben will, aber noch stark gegen die traditionellen Geschlechterrollen ankämpfen muss. Das wird von Regisseur Dustin Loose mitunter angenehm beiläufig erzählt, etwa wenn Daniela als Kita-Erzieherin von einem Kollegen dazu aufgefordert wird, ein Kind aufs Klo zu begleiten, statt die kaputte Glühlampe an der Decke zu wechseln. Denn das ist offenbar Männerarbeit.

Wer darf trans Rollen spielen?

Drastischer und lauter sind die familiären Szenen: Die Mutter fehlt, der Vater, ein Polizist, der vom Haushalt notorisch überfordert ist, wünscht sich eine „normale Familie“, die Schwester hat mit 15 schon ein Kind, das immer schreit. Hier muss Daniela also die Mutter spielen – und sieht keine Chance auf ein Leben als Daniel. Jonathan Perleth spielt die Zerrissenheit von Daniela-Daniel sehr eindrücklich und schöpft dabei aus eigenem Erleben. Der Schauspieler stand bei den Dreharbeiten noch am Beginn seiner realen Transition, nahm erst ein halbes Jahr lang Testosteron. Im ARD-Begleitinterview legt er Wert auf die Schreibweise „trans Mann“ und betont, trans Figuren sollten von trans Personen gespielt werden. Seine Begründung: Wenn ein trans Mann von einer Frau oder eine trans Frau von einem Mann gespielt würde, spiele man einem „transfeindlichem Diskurs“ in die Hände. Diese Diskussion, die ja auch auf anderen Feldern geführt wird, kratzt aber am Selbstverständnis des Schauspielerberufs, der ja schließlich von der Verwandlung lebt. So bekommt dieser „Polizeiruf“ insgesamt eine aktivistische Note.

Zu viel Testosteron zeigen jene Männer auf dem Revier, die nach dem Abgang von Kommissar Bukow (Charly Hübner) auf die neue Kollegin warten und auf einen Zickenkrieg mit Katrin König hoffen. Melly Böwe (als Figur die Halbschwester von Bukow, gespielt von Charly Hübners Gattin Lina Beckmann) bringt aber mit ihrem stoischen Selbstbewusstsein und ihrem trockenen Humor einen neuen Tonfall ins Rostocker Revier. Gerade die Unterschiede zu Katrin König, die hier noch abweisend und reserviert reagiert, dürften in den kommenden Fällen noch produktiver ausgespielt werden.

Polizeiruf 110: Daniel A. Sonntag, 19. Februar, 20.15 Uhr, ARD