Anja Rützels Kolumne: Schwinger von der Badbitch

Sarah Michelle Gellar will nicht mehr „Buffy“ spielen, Katja Krasavice disst Dieter Bohlen, und Heidi Klum plaudert aus dem Brutkästchen: die vergangene Woche auf dem Boulevard.

Heldin der Lyrik: die Rapperin und Autorin Katja Krasavice.
Heldin der Lyrik: die Rapperin und Autorin Katja Krasavice.imago images

Frau Rützel, wer hat Sie diese Woche wütend gemacht?

Wütend nicht, aber traurig: Sarah Michelle Gellar hat in einem Interview mit dem Guardian sehr deutlich zu Protokoll gegeben, dass sie bei einem Revival von „Buffy – im Bann der Dämonen“ nicht noch einmal in die Rolle der Vampirjägerin schlüpfen würde. Ich liebe „Buffy“ sehr, das ist immer noch meine liebste Fernsehserie aller Zeiten – auch wenn es natürlich stimmt, wenn Gellar sagt, dass viele der Dämonen, die in der Serie mitwirken, heute eher kitschig aussehen, weil man inzwischen deutlich krassere Spezialeffekte gewohnt sei. Die Botschaft von wohligem Empowerment kommt trotzdem noch genauso rüber, finde ich. Gellar erzählte außerdem, dass sich bei Dreharbeiten inzwischen eine Menge geändert habe: Es sei zum Beispiel nicht mehr denkbar, dass ein Regisseur am Set herumbrülle und die Crewmitglieder piesacke. Allerdings würde sie von Männern am Set immer noch nicht ernst genommen und verspüre darum manchmal den Drang, ihren Lebenslauf vorzulesen, um zu beweisen, was sie draufhabe. Und da bin ich dann doch ein bisschen wütend geworden.

Letzte Woche ärgerten Sie sich an dieser Stelle über Dieter Bohlen, der sich bei „Deutschland sucht den Superstar“ wieder gewohnt sexistisch gab. Inzwischen hat seine Mitjurorin Katja Krasavice auf seinen Ausfall geantwortet – mit einem Disstrack auf TikTok. Finden Sie ihren Gegenschlag gelungen?

Da ist viel Schönes drin. Mir gefällt gut, dass sie Bohlen auf seine Doppelmoral hinweist: Er bemängelte ja die in seinen Augen zu laxen Moralvorstellungen einer Kandidatin und vergaß dabei ein Detail: „Da sitzt ne Multi-Million-Badbitch neben dir am selben Tisch“, rappt Krasavice. Und sie teilt dann auch wirklich mit Schmackes gegen Bohlen aus: „Du trägst dein Slutshaming wieder mal vor wie gewohnt / Ich trage am liebsten gar nichts außer meiner Vorbildfunktion. Durchgenudelt ohne Abitur, verdammt, aber läuft ganz gut der Plan / Heute hat mein Arsch mehr Relevanz als jeder deiner deutschen Superstars.“ Gerade den letzten Satz empfinde ich als extrem gut platzierten Schwinger. Go, Katja!

Anja Rützel und Hund Juri
Anja Rützel und Hund Juriprivat

Hat Bohlen schon darauf reagiert?

Am Freitag behauptete er in einem Radiointerview, „Personen und gewisse Sachen“ würden ihn nicht interessieren: „Die sind auf einem Niveau außerhalb meines Wahrnehmungssektors.“ Bei einer, ich sage mal: nicht ganz uneitlen Person wie Dieter Bohlen erscheint es mir aber eher unglaubwürdig, dass er sich Krasavices Track nicht sofort Zeile für Zeile genau angehört hat.

Demnächst startet eine neue Staffel von „Germany’s next Topmodel“. Werden Sie sich das anschauen?

Ich fürchte, ja. Ich schwöre mir ja am Ende jeder Staffel, dass ich mir das im nächsten Jahr nicht mehr antue, meine Nerven sind ja auch nicht mehr die besten, aber dann knicke ich wegen einer nicht zu verleugnenden Neigung zum Grusel und zur Stellvertreter-Scham doch immer wieder ein. Allerdings bin ich momentan gedanklich noch gefangen in einem anderen Detail aus Heidi Klums Leben und Wirken: Ich habe vergangene Woche gelesen, dass ihr Vater Günther Klum wohl bei den vier Entbindungen seiner Tochter anwesend war und im Kreissaal gefilmt hat, wie seine Enkelkinder auf die Welt kamen. Das erzählte Klum dem Magazin Time. Die Frage, ob es ihr nicht unangenehm gewesen sei, ihren eigenen Vater in einem solchen ja sehr intimen Moment mit der Kamera draufhalten zu lassen, verneinte sie: „Ich bin sein Kind. Er hat mich gemacht! Also kann er auch zuschauen, wie meine Kinder geboren werden. Für mich ist das völlig normal.“ Ich selbst schwanke da noch ein bisschen mit meinem Urteil, aber natürlich soll jeder und jede selbst entscheiden, welche Aufgaben die Opaschaft so beinhaltet.

Was macht eigentlich Helene Fischer?

Wie so oft weiß man das nicht verlässlich, aber ich hoffe, dass sie für kommende Veröffentlichungen inspiriert vom Krasavice-Schaffen schon mal nach passenden Reimen auf „Bitch“ sucht. Mit „Kitsch“ lässt sich da doch sicher was Schlageradäquates texten.

Die Fragen stellte Christian Seidl.


Anja Rützel ist freie Autorin und schreibt vor allem über Fernsehen und Tiere. Für die Berliner Zeitung am Wochenende beobachtet sie die wunderliche Welt der Promis.