Die Woche auf dem Boulevard: Tänzerische Scheinbegattung
Chris Brown vergrätzt eine Penetranzposterin, Stefan Mross wird Hochverrat vorgeworfen, und das Hundesterben im Hause Kaulitz geht weiter.

Frau Rützel, wer hat Sie diese Woche wütend gemacht?
Chris Brown. Der Rapper war bei seinem Konzert in Berlin so genervt vom Handy eines Fans, dass er es mit Schmackes ins Publikum pfefferte. Zuvor hatte er die Frau auf die Bühne der Mercedes-Benz-Arena geholt und sie auf einem Stuhl Platz nehmen lassen. Als sie ihr Smartphone in Stellung brachte, während Brown sie hüftintensiv betanzte, riss er ihr das Gerät aus der Hand und warf es ins Publikum. In den sozialen Medien wird er dafür beklatscht, ulkigerweise vor allem auf Plattformen, die ihren Content genau solchen Penetranzpostern wie jener Bühnenfrau verdanken. Ich möchte zu ihrer Verteidigung zu bedenken geben, dass sie womöglich von der ganzen Situation schlicht überfordert war. Würde man mich auf einer Bühne vor Tausenden von Menschen derart tänzerisch scheinbegatten, würde ich als Übersprunghandlung vermutlich auch spontan anfangen zu stricken oder Sudokus zu lösen, um die Peinlichkeit zu überspielen.
Der Schlagerstar Stefan Mross musste sich vergangene Woche allerhand moralkritische Entrüstung von Promikollegen und -kolleginnen gefallen lassen: Er ist mittlerweile mit der ehemals besten Freundin seiner Noch-Ehefrau Anna-Carina Woitschack verbandelt. Finden Sie das anstößig?
Nö. Ich wundere mich vor allem, welche eher überraschenden Ethik-Experten sich plötzlich berufen fühlen, über Mross’ frische Beziehung mit der Sängerin Eva Luginger zu urteilen. Cathy Hummels zum Beispiel referierte über „Dinge, die sich nicht gehören“, Heino befand: „Es gibt Menschen, denen kannst du nicht beibringen, wie man sich verhalten muss“, und die Schauspielerin Anne-Sophie Briest bezeichnete die neue Mross-Liebe gar als „Hochverrat“. Zwei Menschen haben sich getrennt, und diese zwei Menschen sind nun mit anderen Menschen liiert, ich kann als passionierte Richterin-Salesch-Zuschauerin darin wirklich keinen Straftatbestand erkennen. Und möchte lieber nicht wissen, wie diese prominente Moralkommission abgeht, wenn sie einen Nachbarn dabei erwischen, wie er den Papiermüll nicht ordnungsgemäß zerkleinert.

Glücklicherweise gibt es auch noch verständige und entspannte Popstars. Der Foo-Fighters-Musiker Dave Grohl zum Beispiel, der für obdachlose Menschen grillte.
Und zwar nicht nur für ein schnelles Promofoto, das fand ich an seiner Aktion besonders gut und überzeugend. Insgesamt 16 Stunden stand er an seinem Smoker, um Rippchen für 450 Menschen zu bruzzeln, die während der schweren Stürme in Kalifornien Unterschlupf bei einer Hilfsorganisation suchten.
Vergangene Woche betrauerten Sie hier mit Bill Kaulitz den Tod seines Hundes Stitch. Inzwischen wurde bekannt, dass die Tragödie sogar noch größer ist als geahnt.
Als Hundemensch nahm mich das wirklich mit, als ich hörte, wie Bill mit seinem Bruder Tom in deren gemeinsamen Podcast darüber sprach: Tatsächlich starben nicht nur Capper, der gemeinsame Kindheitshund der Kaulitze, und ein paar Tage später dann die Bulldogge Stitch – am selben Tag starb auch Anton, Toms Wolfshund, der nur drei Jahre alt war. An einen Zufall, der einfach mal so ein ganzes kleines Rudel auslöschte, kann man da nur schwer glauben. Bill und Tom haben angedeutet, der Sache auf den Grund gehen zu wollen, um einen Giftanschlag oder Ähnliches ausschließen zu können. Die Armen, sie tun mir wirklich sehr leid.
Was macht eigentlich Helene Fischer?
Ich sage es offen: Ich weiß es nicht. Aber das ist auch nicht so schlimm, denn die Künstliche Intelligenz hat ebenfalls keine Ahnung. Das investigative Journalismusportal schlagerfieber.de fragte nun den Chatbot „ChatGPT“, ob Fischer und Florian Silbereisen wohl wieder zusammenkommen könnten. Er antwortete ausführlich und ausweichend, und ich muss zumindest mittelfristig nicht befürchten, dass ein Roboter diese Kolumne übernehmen könnte.
Die Fragen stellte Christian Seidl.
Anja Rützel ist freie Autorin und schreibt vor allem über Fernsehen und Tiere. Für die Berliner Zeitung am Wochenende beobachtet sie die wunderliche Welt der Promis.