Die Woche auf dem Boulevard: Vogelfreie Fantasie
Paris Hilton vereint Mythologie und Familiensinn, Camilla setzt sich für die Freiheit des Ausdrucks ein, und Bill Kaulitz trauert um seine Bulldogge.

Frau Rützel, wer hat Sie diese Woche wütend gemacht?
Henrik Stoltenberg. Je nach eigenem Alter sagt einem entweder sein Nachname etwas (tatsächlich ist er der Enkel des ehemaligen Verteidigungsministers), oder man kennt ihn als selbstversessenen „Don Schlonzo“ aus Trash-TV-Formaten wie „Love Island“. Nun hat er noch einen ganz objektiven Grund mehr geliefert, um sich herzlich über ihn aufzuregen: Offensichtlich brüllt Schlonzo Stoltenberg gerne mal Nazi-Parolen und rassistische Beleidigungen, weswegen er nun wegen Volksverhetzung und Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole vom Kölner Amtsgericht zu einer Geldstrafe in Höhe von 15.000 Euro verurteilt wurde. RTL tilgte überraschend fix alle Spuren seines bisherigen Trash-Schaffens und schmiss ihn aus einer aktuellen Produktion. Nun bleibt ihm vorerst nur noch seine fragwürdige Instagram-Existenz, auf der er bevorzugt dünne Motivationssprüchlein postet – und zwischendurch auch mal ein kaum egomanes Foto von sich, wie er nackt auf einem Pferd sitzt. Klicken Sie nicht hin, man kann es leider nur sehr schwer wieder vergessen.

Und wie gut haben Sie sich schon den gerade verkündeten Namen von Paris Hiltons Baby eingeprägt? Der ist ja nicht unbedingt kurz und griffig.
Aber wenn man dem Glauben folgt, dass der eigene Name einen Menschen unbewusst in seinem Wesen beeinflusst, darf man von Phoenix Barron Hilton Reum durchaus noch Großes oder zumindest milde Exzentrisches erwarten. Auf den Namen Phoenix kam Hilton, als sie nach einem Ortsnamen suchte, der gut zu Paris und London passen könnte – London soll ihre zukünftige Tochter heißen. An der Hauptstadt des amerikanischen Bundesstaates Arizona gefiel ihr außerdem, dass ihr Name auch die Bezeichnung eines Wunderwesens ist: Der Phönix ist ein praktisch immerwährender Vogel, der am Ende seines Lebenszyklus kurz stirbt, aber dann aus seiner eigenen Asche wieder munter emporflattert. Der Zweitname ihres Sohnes sei eine Hommage an ihren Großvater Barron Hilton, sagte die Mutter von PBHR: Er sei immer ihr Mentor gewesen, und sie vermisse ihn jeden Tag. Mythologie und Familiensinn, das ist doch eine patente Mischung.
Königsgemahlin Camilla hat sich zur aktuellen Zensur-Diskussion geäußert, ob die Sprache in älteren Kinderbüchern an moderne Sensibilität angepasst werden soll. Das klingt ja erst einmal etwas skurril.
Aber eigentlich auch ganz schlüssig, denn Camilla ist eine begeisterte Leserin und will mit ihrer Charity-Organisation „The Reading Room“ dabei helfen, Kinder und Erwachsene ebenfalls für Bücher zu interessieren. Bei einem Empfang sprach sie sich nun indirekt dafür aus, die fraglichen Passagen in Roald Dahls Büchern nicht zu ändern. Vor einem Publikum von Literaturprominenz bat sie die Wortschaffenden, sich nicht in der „Freiheit Ihres Ausdrucks“ einschränken und ihrer Fantasie keine Grenzen setzen zu lassen. Camillas Lieblings-Kinderbuch ist übrigens „Gangster Granny“ von David Walliams. Es handelt von einer Großmutter, die früher mal eine international operierende Diamantendiebin war und die nun ihren Enkel dabei einspannt, die Kronjuwelen der Queen zu stehlen. Man könnte also durchaus meinen, dass Camilla die Sache mit der vogelfreien Fantasie ziemlich ernst meint.
Bill Kaulitz unterhält als Ratepromi in der gerade gestarteten Staffel von Joko Winterscheidts Sendung „Wer stiehlt mir die Show?“ mit putziger Aufgeregtheit. Sind Sie auch schon verzückt?
Sehr! Vor allem aber habe ich gerade viel Mitgefühl mit ihm: Erst starb vor kurzem Capper, der Familienhund, der Bill und seinen Bruder Tom 15 Jahre lang begleitet hat, nun folgte ihm wenige Tage später auch noch Stitch, Bills Bulldogge. Sie wurde nur vier Jahre alt. Bills Verluste tun mir sehr leid. Aber vielleicht können seine Erfahrungen auch ein Anstoß sein, auf die Zucht von Hunderassen mit so schweren angeborenen gesundheitlichen Einschränkungen zu verzichten.
Was macht eigentlich Helene Fischer?
Wie so oft weiß man das nicht genau, aber ich gehe stark davon aus, dass sie gerade auch noch einmal den Chips- und Flips-Vorrat überprüft, ein Sektchen kalt stellt und sich auf Sonntagabend freut: Dann darf nämlich ihre Fast-Namensvetterin Helena als erste Publikumskandidatin überhaupt ihre eigene Version von „Wer stiehlt mir die Show?“ präsentieren, nachdem sie vergangene Woche gewonnen hatte. Ich glaube, das sollte man sich ansehen.
Die Fragen stellte Christian Seidl.
Anja Rützel ist freie Autorin und schreibt vor allem über Fernsehen und Tiere. Für die Berliner Zeitung am Wochenende beobachtet sie die wunderliche Welt der Promis.