Da müssen Sie am Wochenende hin: Die Kulturtipps der Berliner Zeitung
Unsere Kulturredaktion hat für Sie die Veranstaltungspläne durchforstet und ein paar schöne Ideen fürs Wochenende zusammengestellt.

Kunst in der Nikolaikirche: die achte Variante des verschollenen Wandbildes
Sie sind namenlos und haben keine Gesichter, all die „Auferstehenden“ auf dem temporären Wandbild Helen Verhoevens, einer 48-jährigen Malerin aus dem niederländischen Leiden, der Geburtsstadt Rembrandts. Sie ging in den 1980er-Jahren in die USA, studierte dort, lebt heute in Berlin. Verhoeven reiht sich hier ein in die Gruppe jener zehn Maler, die seit 2021 und noch bis Dezember dieses Jahres im zweimonatigen Abstand eine Variation auf das seit Kriegsende 1945 verschollene Wandbild „Auferstehung Christi“ eines unbekannten Malers erschaffen. Zu sehen ist es in der barocken Kapelle der Familie Kraut links vom Eingang zur Nikolaikirche. Verhoeven nennt ihr skizzenhaft und mit heftigen Pinselschlägen angelegtes Acryl-Gemälde auf abnehmbarem Karton „Memento mori“ („Sei dir der Sterblichkeit bewusst“), eine Redewendung aus dem antiken Rom.

Welch bedrückende Szene! Im Vordergrund Golgata, die Schädelstätte. Auf einem Leichentuch ragen die Füße des Gekreuzigten ins Bild? Eine spirituell verzückende Auferstehung ist das nicht. Verhoeven lässt die Gestalten als Untote ziellos verstört durch eine Art bodenlosen Sumpf waten, in einer Zwischenwelt verharren, für die es weder eine irdische noch eine überirdische Bezeichnung gibt. Für die Malerin ist dieses „Memento mori“ das Sinn-Bild einer menschlichen Gesellschaft, die nichts begriffen hat, nichts aus der Geschichte, nichts von der Natur, nichts vom Glauben an und das Mühen für das Gute und Schöne. Bitter spricht Verhoeven die gesellschaftliche Spaltung, die Klimakrise, die Pandemie, Putins Aggressionskrieg in der Ukraine, dessen Folgen und den Lebensmittelmangel auf der ganzen Welt an. Dieses dystopische Gemälde fragt: Woraus schöpfen wir Hoffnung? Ingeborg Ruthe
Kraut-Kapelle, Nikolaikirche, Nikolaiviertel, bis 4.9., tgl. 10–18 Uhr. Eintritt für die Kapelle frei

Kunst-Aktion wider den Wegwerf-Wahn
Plastikmüll, der oft in der Natur, im Stadtraum, in den Flüssen, Seen und schließlich zu (un-)guter Letzt in den Weltmeeren landet, bedroht unsere Erde in extremem Ausmaß. Berliner Künstler und einige Studenten der Kunsthochschule Weißensee wollen darauf mit einer Aktion am Rosa-Luxemburg-Platz aufmerksam machen. Am Sonntag bugsieren sie einen riesigen Würfel aus gepresstem Einwegplastikmüll auf den Platz. Vor vielen Jahren hat das unfreiwillige Pop-Art-Monstrum den Weg zur Entsorgung nicht geschafft und war auf einer wilden Deponie gelandet. Als denkwürdige Kunstaktion einer Gruppe um den Bildhauerei-Professor Hannes Brunner wird es nun als fragwürdige Trophäe einer Reise – in die Vergangenheit wie in die Zukunft – vorgeführt. Seine „Schönheit“ soll öffentlich inspiziert, sein Wert taxiert werden. Wie aber kann dieser Wohlstandsabfall-Brocken wieder in den Kreislauf vernünftiger ökologischer Verwertung zurückgegeben werden?
Die Mitwirkenden bauen Gerüststangen zu einem Informations- und Marktstand zusammen. So entsteht eine Bühne für den symbolischen Tausch. Die Aktion ist ein ernstes Spiel. Es geht um das Weggeworfene, scheinbar Wertlose, um Vorschläge und Ideen für eine Umkehr. So dient ein Kinderswimmingpool als Becken für weggeworfene Einwegwasserflaschen. Beim Angeln einer Flasche erhält man eine volle zum Trinken, um sie nachher wieder hineinzuwerfen. Ein Bilderset recycelter Objekte dient als Tarot zum Lesen der Zukunft. 50-jähriges PVC (enthält Titan) ist Thema eines „titanischen“ Theaterstücks über die Geschichte des menschlichen Designs, seine Auswirkungen auf die soziale Gegenwart, die ihre eigene Nachhaltigkeit bedroht. Ingeborg Ruthe
Rosa-Luxemburg-Platz (am Schendelpark): Sonntag, 24.7., 13–18 Uhr, „Trash+/-Value circular economy“, https://www.rosa-luxemburg-platz.net/
Nach Shakespeare zu den Sternen
Wäre ja gelacht, würde es das Planetarium am Insulaner nicht ausnutzen, dass die Shakespeare Company Berlin plötzlich ganz in der Nähe ist. Seit diesem Sommer spielen sie nämlich in einem Neubau auf einer Wiese des Freibads am Insulaner. Diesen Sonnabend wird Shakespeares Komödie „Viel Lärm um nichts“ gegeben und danach kann man einen kleinen Ausflug auf den Insulanerhügel zur Wilhelm-Foerster-Sternwarte machen. Die Astronomin Livia Cordis bringt einem hier den Sternenhimmel über Berlin näher. Wenn das Wetter klar ist, kann man sogar durch das große Teleskop der Sternwarte gucken, den Bamberg-Refraktor. Gebaut wurde er 1889 in den Berliner Werkstätten von Carl Bamberg in Friedenau. Damals war er das größte Teleskop im Königreich Preußen. Der Besuch der Sternwarte ist kostenlos, um eine kleine Spende wird gebeten. Nach den Vorstellungen am Samstag werden Interessierte um 23 Uhr im Gastro-Bereich abgeholt. Susanne Lenz
Viel Lärm um nichts, 23. Juli, 20 Uhr im Theater am Insulaner. Sternenspaziergang, 23 Uhr
Christopher Street Day: Welche Partys gibt es in Berlin nach der Demo?
Anlässlich des Christopher Street Days (CSD) finden am Wochenende in Berlin auch abseits der großen Demonstration zahlreiche Partys und andere Veranstaltungen statt. Hier lesen Sie, wo man am Samstagabend in Berlin am besten feiern kann.
Im Metropol-Club steigt die „Liquid“, eine Party für „Lesbians and Friends“, wie es auf der Website des Clubs heißt. Das jetzige Metropol eröffnete 2019 im ehemaligen Theater am Nollendorfplatz, einem pompösen Gebäude direkt neben der Hochbahn. Die Veranstaltung beginnt um Mitternacht von Samstag auf Sonntag, der Eintritt kostet 16 Euro.
Das Aeden ist ein Club, der sich, nachdem er in die Location der früheren Burg Schnabel gezogen ist, ungewöhnlich schnell fest in der Berliner Technoszene etablieren konnte. Am Wochenende wird hier die 34 Stunden lange Party „Bodies“ veranstaltet. Der Einlass beginnt Samstag ab 22 Uhr und der Eintritt kostet – je nachdem, wie lange man bleiben möchte – zwischen 17 und 24 Euro. Tickets gibt es auf Resident Advisor und an der Abendkasse.
Die große offizielle CSD-Abschlussparty findet dieses Jahr im Ritter Butzke statt. Am Samstag ab 21 Uhr spielen über 30 DJs im Club an der Ritterstraße in Kreuzberg. Die Tickets kosten zwischen zehn und 50 Euro und können über die Website des Clubs erstanden werden, wo es heißt: „Wir kommen zusammen zur Queer Party des Jahres. Inmitten Berlins kreieren wir eine fabelhafte Welt voller Pride, Positivity und Vielfalt.“ Friedrich Conradi
Partys: Ritter Butzke: Samstag ab 21 Uhr, Aeden: Samstag ab 22 Uhr, Metropol: ab 0 Uhr
Wo Wedding am schönsten ist: im Freiluftkino Rehberge

Sie dürfen alle Ihre Freunde, Verwandten und Bekannten mitbringen, denn es ist Platz für 1500 Personen. Sie können das Fahrrad mitnehmen, weil es genügend Stellplätze gibt und außerdem die Gelegenheit, vorher die Friedrich-Ebert-Siedlung und einen großen abwechslungsreichen Park zu erkunden. Sie brauchen Ihren Hund nicht traurig allein zu Hause sitzen zu lassen, denn im Freiluftkino Rehberge sind Hunde angeleint willkommen (solange sie nicht den Mond anheulen). Zu Ansteckungszeiten und erst recht im Sommer sind Freiluftkinos die besten Kulturorte überhaupt. Und während man sonst vielleicht immer seinem Lieblings-Arthouse-Kino treu bleibt, gehört es sowieso zum sommerlichen Vergnügen, die Stadt über die Freiluftkinos zu erkunden.
Diesmal also Rehberge, denn da laufen gerade auch besonders interessante Filme: Am Sonnabend ist Kenneth Brannaghs Zeitreise ins „Belfast“ von 1969 zu erleben, gedreht in einem emotionalen Schwarz-Weiß, das einem die Augenlider zittern lässt. Und am Sonntag kann man sich auf Streit einlassen mit Sönke Wortmanns Film „Contra“, der in der Auswahlliste der Besten beim Deutschen Filmpreis stand. Christoph Maria Herbst spielt einen Universitätsprofessor, der für die geschliffene Rede seine Seele verkaufen würde. Cornelia Geißler
Freiluftkino Rehberge, Beginn jeweils 21.30 Uhr, Windhuker Straße