Wie Trump Frankreichs Winzer zum Weinen bringt
Was würde Goethe dazu sagen? In Frankreich muss Wein weggekippt oder zu Desinfektionsmittel verarbeitet werden, weil die Exporte eingebrochen sind.

Berlin-Dass die Corona-Krise für die Kulturszene verheerende Konsequenzen hat, weiß jeder. Wer hätte aber gedacht, dass auch Branchen betroffen sind, die man eher zu den Gewinnern rechnen würde. Ein überraschendes Beispiel ist die Weinindustrie in Frankreich – also ein Segment, von dem man annehmen konnte, dass es aufblüht, weil sich die Mehrheit der Gesellschaft den Frust von der Seele trinken möchte.
Umso erschreckender ist die Nachricht, dass Fankreichs Winzer derartige Einbrüche in der Nachfrage verzeichnen, dass sie tonnenweise Wein wegschütten oder zweckentfremden müssen, um Platz in ihren Lagerräumen zu schaffen. Goethe, der täglich bis zu drei Flaschen Wein getrunken hat und schon im zarten Alter von sieben Jahren seinem Vater zugeraunt haben soll: „Darf ich mit dir in den Weinkeller gehen?“, würde sich im Grabe umdrehen. Aber es stimmt: Frankreichs Winzer sind so verzweifelt, dass sie ihren Wein zu Ethanol umwandeln müssen, um es anschließend als Desinfektionsmittel zu verkaufen.
Weinen um den Wein
Und was ist der Grund dafür? Steigen die Franzosen um? Ist der Corona-Blues so groß, dass sie zu hartem Zeug wie Cognac oder Wodka greifen? Alles falsch. Der Grund ist verzwickter, er heißt: Trump. Der amerikanische Präsident hat im Zollkrieg mit Europa eine Steuer auf französischen Wein von 25 Prozent erhoben, was zur Folge hat, dass sich viele Amerikaner den Wein nicht mehr leisten wollen. Dabei gelten die Vereinigten Staaten als Hauptimporteur. Die heimische Finanzkrise wird von den Winzern als weiterer Grund genannt.
Der französische Weinhersteller Jérôme Mader hat in einem Interview beschrieben, wie es sich anfühlt, wenn Lkws seinen Gewürztraminer abholen, um ihn zu Spiritus zu verwandeln – insgesamt 15 Prozent der Gesamtproduktion. Er müsse immer weggucken, sagte der 38-Jährige aus Alsace unter Tränen. Auch wenn es nicht viel hilft: Wir fühlen mit ihm und trinken dagegen an: mit Wein weinend um den Wein.