Der Knopf sprang mir morgens im Büro von der grauen Strickjacke. Er rollte davon und war auch mithilfe eilfertig herbeigeeilter Kollegen und deren Handytaschenlampen nicht mehr zu finden. „Knöpfe haben es an sich, unter etwas drunter zu rollen“, sagte der eine. Der andere wusste, dass sie Haken schlagen können. Es klang, als schrieben sie Knöpfen einen freien Willen zu.
Wer in Berlin einen Knopf verliert, hat eigentlich Glück gehabt, denn die Suche nach Ersatz führt in vielleicht in den Laden von Paul Knopf in der Zossener Straße in Kreuzberg. So ein Geschäft gibt es womöglich nicht noch mal auf der Welt. Bis unter die Decke ist es voll mit Knöpfen in flachen Schubladen, die Plastikröhren und Schachteln voller Knöpfe beherbergen. Um die Hunderttausend sollen es sein, und froh kann derjenige sein, der Paul Knopf bei einem Beratungsgespräch zuhören darf. Bei mir war es eine junge Frau, die für ihren auberginefarbenen Wollmantel Knöpfe suchte. Paul Knopf führte aus, wie eine bestimmte von ihm vorgeschlagene Knopfform die Form der Tasche aufnahm und weiterführte, und warum die glänzenden mehr hermachten als die matten. Das Schlimmste für ihn und seinen Kompagnon: Wenn jemand seine Klamotte nicht dabei hat, für die die Knöpfe gesucht werden.
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Als Schüler kaufte Paul Knopf das Sortiment eines aufgelösten Knopfladens
Wie die Knopfliebe erwachte? Erst mal war da der Wunsch, als Schüler Geld zu verdienen. Zusammen mit einem Schulkameraden übernahm Paul Knopf das Sortiment eines aufgelösten Knopfladens, damit zogen sie über die Berliner Flohmärkte. 1979 eröffnete der erste Laden in Schöneberg, 1987 dann der Umzug in die Zossener.
Heute findet sich in seiner Knopfwelt ein ganzes Knopf-Jahrhundert nach Material und Zeitalter in Schachteln und Plastikröhren sortiert. Hier gibt es Knöpfe aus Glas, aus Rinderknochen, aus Rohr und Holz, aus der Steinnuss, und ja, auch aus Kunststoff. Zudem Eigenkreationen. Es gibt historische Knöpfe vergangener Epochen, Preziosen, so wie den antiken Messingknopf, der mehr als 100 Jahre alt ist. 350 Euro kostet er.
Paul Knopf ist übrigens ein Künstlername. Und es ist ein Irrtum zu glauben, dass man hier jeden beliebigen Knopf findet. Mein industriegefertigter grauer Plastikknopf war in dem Laden nicht zu finden. Ich ging mit neun Perlmuttknöpfen nach Hause, die meine Jacke schöner machen werden, wenn ich irgendwann die Zeit finde, sie anzunähen.