Zu viel Pegida: Michael Miersch verlässt „Achse des Guten“
Vor sechs Jahren flog Alan Posener aus dem Internetblog „Die Achse des Guten“. Der konservativ-liberale Publizist, bekannt für seine geistige Unabhängigkeit, hatte die Islamophobie der Hauptautoren des Blogs kritisiert, der seit seiner Gründung im Jahr 2004 behauptet, „Raum für unabhängiges Denken“ zu bieten. Über die Betreiber der „Achse“ – Henryk M. Broder, Dirk Maxeiner und Michael Miersch – sagte Posner damals, er halte sie zwar nicht für „Idioten“, aber „für Leute mit einer stalinistischen Ader“. Es sei ein Irrtum, „von den radikalsten Elementen des Islam auf die große Masse“ zu schließen: „Das erinnert mich an die schlimmsten Zeiten des Kalten Krieges, als jeder, der nicht virulenter Antikommunist war, verdächtigt wurde, ein Kryptokommunist zu sein.“
Einer der Betreiber des Blogs, die Posener wegen fehlender Islamophobie gefeuert haben, der Publizist Michael Miersch, hat nun mitgeteilt, den Blog wegen unerträglicher Islamophobie zu verlassen. Einige Autoren sympathisierten offen mit Pegida und zögen „massenweise Leser aus dem AfD-Pegida-Umfeld“ an, die sich auf den Leser-Kommentarspalten entfalteten. Bereits am 3. Januar hatte Miersch eine Hausnachricht „an das deutsch-nationale Pöbel-Pack“ gerichtet und über die „vielen sozial gestörten Vollpfosten“ geklagt, die ihre Unzufriedenheit in den Kommentarspalten hinausposaunten. Jetzt hat sich Miersch unter der Schlagzeile „Na dann ohne mich“ mit unmissverständlichen Worten verabschiedet: „Auf der Achse hat sich eine Stimmung breitgemacht, die kaum noch etwas gemein hat mit der ursprünglich liberalen, weltoffenen und aufgeklärten Haltung dieses Autorenblogs.“ Es ist eine Abrechnung, die kein von der „Achse“ lustvoll geschmähter links-liberaler Kritiker schärfer hätte formulieren können. Miersch beklagt nicht nur die Ausgrenzung von Menschen, „weil sie als Moslems geboren“ werden: „Ich finde es auch nicht lustig, wenn auf der Achse behauptet wird, die EU ähnele immer mehr der UdSSR und der Euro sei die schlimmste Destruktion seit dem Zweiten Weltkrieg. Mir missfällt das reflexhafte Eindreschen auf alles, was unter dem Verdacht steht, ‚links‘ zu sein.“
„Sie sind das Volk!“
Miersch nennt keine Namen, aber zu den Autoren, die an ihren Sympathien für Pegida keine Zweifel lassen, zählt in jedem Falle die frühere DDR-Bürgerrechtlerin und ehemalige CDU-Politikerin Vera Lengsfeld, die die Pegida-Demonstrationen im Blog bejubelt und deren verlogene Parole „Wir sind das Volk“ mit dem Zuruf erwidert: „Sie sind das Volk!“
Im Übrigen aber richtet sich Mierschs Abrechnung offensichtlich vor allem gegen Deutschlands bekanntesten Islamophoben – das ist nicht Lutz Bachmann, der Pegida-Gründer mit der Neigung, ein Bild von sich mit Hitler-Bart und -Scheitel ins Netz zu stellen, sondern Henryk M. Broder: „Wie die Appeasement-Politik gegenüber Hitler die expansive Haltung der Nazis nur befördert hat, so laufen die Europäer mit ihrer Politik der Beschwichtigung heute Gefahr, die Transformation Europas zu einem islamischen Kontinent zu beschleunigen.“ Mit solchen Sprüchen könnte Broder problemlos die Pegida-Demonstranten in Verzückung versetzen, aber inzwischen auch als Kandidat der AfD für die nächste Bundestagswahl antreten.
Denn Broder hat schon vor Jahren in den Ressentiments von Pegida seine geistige Heimat gefunden, also genau an dem Ort, den – sagt Miersch – die „Achse“ zumindest anfangs als Antipoden begriffen habe: „Der kulturpessimistische, anti-westliche, national-konservative Gegenpol zur Achse wurde damals von Publizisten wie Konrad Adam und Alexander Gauland repräsentiert, die heute zur Führungsriege der AfD zählen.“ Ihr Erfolg sei inzwischen auch in den Beiträgen von „Achsen“-Autoren zu besichtigen. Vor allem in Broder finden Gauland, Adam und Pegida den entschlossensten Verteidiger. Als der nach eigenem Geständnis „geschmierte“ Journalist Udo Ulfkotte – derzeit erfolgreich mit einem Buch über „Geschmierte Journalisten – kürzlich die Pegida-Demonstranten in Dresden mit der Nachricht erschütterte, in Deutschland würden jetzt schon die Friedhöfe islamisiert, schloss er seine Rede mit einem „herzlichen Dank an Henryk M. Broder“. Den hat er verdient.