Das Berliner Schulportal: „Ein digitaler Schreibtisch für unsere Lehrer“
Vor einem Jahr wurde die neue Digitalisierungsstrategie für die Berliner Schulen vorgestellt. Bei der Entwicklung des Schulportals gab es große Fortschritte.

Berlin-Im vergangenen Sommer präsentierte die damalige Bildungssenatorin Sandra Scheeres eine neue Digitalisierungsstrategie, die der eigens einberufene Digitalisierungsbeirat entworfen hatte. Für die Umsetzung ist in der Berliner Bildungsverwaltung Anja Tempelhoff zuständig, die inzwischen ein Team von 36 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anführt.
Bei der Entwicklung des Berliner Schulportals ist dieses Team inzwischen sehr gut vorangekommen. Bei einem Pressetermin in der Joan-Miró-Grundschule in Charlottenburg wurden am Donnerstag die Ergebnisse vorgestellt. „Das Schulportal ist der große digitale Schreibtisch für unsere Lehrer“, sagte Anja Tempelhoff der Berliner Zeitung. „Als Lehrer gehe ich einmal an den Schreibtisch und habe dort die ganze bunte Welt der Möglichkeiten.“
Das Schulportal funktioniert nämlich wie ein Single Sign-on. Man meldet sich einmal an mit seinem persönlichen Benutzernamen und seinem Passwort – und hat dann Zugang zu allem, was das Portal bietet: Das sind die beiden Lernmanagementsysteme, also der Lernraum Berlin und itslearning, das Videokonferenzsystem Big Blue Button, dann das Mathe-Tool Bettermarks und das Medienforum. In diesem Forum kann man inzwischen auf 70 Apps zugreifen, die nach eingehender Prüfung als datenschutzkonform und IT-sicher eingestuft wurden.
Das Medienforum ist die oft geforderte Positivliste der Anwendungen, die Schulleitungen ohne Bedenken verwenden dürfen. „Und das Unternehmensportal ist sozusagen der Appstore der Senatsverwaltung für Familie, Jugend und Familie“, sagte der Staatssekretär für Schuldigitalisierung Aziz Bozkurt. „Die Schulen teilen uns mit, welche Anwendungen sie bereits nutzen und welche sie benötigen. Diese werden dann bei uns im Hause geprüft und bei bestandener Prüfung ins Medienforum aufgenommen.“ Dort können sich dann alle Berliner Schulen Apps aussuchen und die Senatsverwaltung bitten, sie auf die landeseigenen Geräte aufzuspielen.
Berlin hat jetzt eine eigene Positivliste – als bislang einziges Bundesland
„Bisher gab es 200 Anfragen von Berliner Schulen, 70 haben wir schon geprüft. Das hat zwei bis drei Monate gedauert, weil wir bisher noch eine eigene Stelle geschaffen haben für diese Aufgabe. Bisher wird das on top geleistet“, so Bozkurt. Zu den ausgewählten Apps gehört zum Beispiel ein Tool für Geometrie und Algebra (GeoGebra) sowie ein Tool für Schülerverwaltung und Lehrerkalender (TeacherStudio).
Anja Tempelhoff sagte, Berlin wäre bisher das einzige Bundesland, das über eine eigene Positivliste verfüge. „Inzwischen bekommen wir viele Anfragen von anderen Bundesländern, die unser Verfahren und unsere Liste kopieren wollen.“ Die Senatorin Astrid-Sabine Busse wies außerdem darauf hin, dass Berlin das einzige Bundesland sei, das den Schulen die kostenlose Nutzung von zwei Lernmanagementsystemen (LMS) ermögliche, die sehr unterschiedliche Stärken hätten.

Inzwischen nutzen 500 Schulen den Lernraum Berlin, der auf der Open-Source-Plattform Moodle basiert. 146 Schulen nutzen itslearning, das LMS einer norwegischen Firma, bei der die Bildungsverwaltung gerade für vier weitere Jahre die Nutzungslizenz erworben hat. Der Lernraum Berlin wurde inzwischen weiterentwickelt, für jede Schule wurde eine eigene Moodle-Instanz geschaffen, sodass der gleichzeitige Zugriff von sehr vielen Nutzern kein Problem mehr ist.
Viele Berliner erinnern sich ja noch an das Homeschooling im zweiten Lockdown, als der Lernraum zusammenbrach. Damals wurde der Verein Cyber for Edu rund um den IT-Experten Andreas Steinhäuser gebeten, das Problem zu lösen. „Damals lag der Patient auf der Intensivstation, aber wir konnten ihn stabilisieren“, sagte Steinhäuser. Inzwischen sei er ganz gesund und könne sich frei bewegen.
Ein IT-Unternehmer lobt den Senat
Steinhäuser hat zusammen mit anderen idealistischen IT-Leuten, die „etwas Sinnvolles machen wollten und keine Lust mehr hatten, für die Venture-Kapitalisten zu arbeiten“, die Firma Infra.run Service GmbH gegründet, die daran arbeitet, den Lernraum Berlin noch leistungsfähiger zu machen.
„Damals war ich skeptisch: Als IT-Unternehmen mit der Senatsverwaltung zusammenarbeiten, das geht bestimmt schief. Aber die Zusammenarbeit ist hervorragend und sehr konstruktiv“, sagt Steinhäuser. „Der Mann ist nicht bestochen, das versichere ich Ihnen“, wirft die Senatorin scherzhaft ein.
Am Anfang ihrer Rede hatte sie noch gesagt: „Nicht alles, was digital ist, bringt die Menschheit voran.“ Aber sie sei neugierig, zu lernen, wo es der Technologie gelinge, einen „pädagogischen Mehrwert zu stiften“.
Deshalb begibt sie sich in den Makerspace der Joan-Miró-Grundschule, wo Lehrer und Schüler einer sechsten Klasse vorführen, wie sie mit Robotern und digitalen Anwendungen arbeiten. Eine Gruppe von drei Mädchen nutzt gerade die visuelle Programmiersprache Scratch. „Wir programmieren gerade ein kleines Spiel“, sagt Lotte, 12. „Es geht um eine Schüssel, mit der man neun Kugeln auffangen muss, um zu gewinnen.“

Eine andere Gruppe arbeitet mit dem Programm Audacity. Sie ist gerade dabei, einen eigenen Podcast über die Zeit des Mauerfalls zu produzieren. Man hört verschiedene Zeitzeugen sprechen. Die Senatorin äußert sich begeistert. „Da hättet ihr mich vielleicht auch interviewen können, an die Nacht vom 9. November 1989 kann ich mich noch gut erinnern.“