Liane Hesselbarth lehnt Rücktritt ab / Großrazzia nach Verbot der Kameradschaft ANSDAPO: Sohn der DVU-Chefin als Neonazi-Funktionär enttarnt

STRAUSBERG. Die 18 Neonazis wurden am Donnerstagmorgen von einem Großaufgebot der Polizei überrascht. 100 Polizisten stürmten 19 Wohnungen im Raum Strausberg und zwei in Berlin - darunter auch die des Sohnes von Liane Hesselbarth. Sie ist Chefin der rechtsextremen DVU-Fraktion im Potsdamer Landtag. Das Ziel der Polizisten war die Sicherung von Beweisen gegen den Neonazi-Verein ANSDAPO in Strausberg, den Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) am frühen Morgen verboten hatte.Kistenweise trugen die Beamten verbotenes NS-Propagandamaterial, Hitler-Büsten, CD mit verbotenem Nazirock, aber auch Waffen und eine scharfe Panzergranate aus den Zweiten Weltkrieg aus den Wohnungen. Eine Auswahl präsentierte der Innenminister am Nachmittag in Potsdam: T-Shirts mit dem Logo des Vereins oder mit der Aufschrift "Adolf Hitler European Tour 1939 - 45", dazu Bajonette, Teile eines Maschinengewehrs und Munition. Schönbohm begründete sein Verbot mit den Worten: "Zweck und Tätigkeit des Vereins richteten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung."Nationalsozialismus als VorbildBesonders brisant wird das zweite Verbot eines Brandenburger Neonazi-Vereins in diesem Jahr durch die Razzia beim Sohn der bekannten DVU-Politikerin Hesselbarth. Während die im Urlaub weilt, durchsuchten Polizisten die Wohnung ihres 24-jährigen Sohnes in ihrem Wohnhaus in Strausberg. Er soll Kassenwart und Beisitzer in dem Neonazi-Verein gewesen sein. Der Minister bestätigte offiziell nur, dass es sich um einen "nahen Verwandten" der Politikerin handelt, der eine wichtige Funktion innerhalb der verbotenen Organisation ausgeübt habe.Der Fraktionssprecher der vom Verfassungsschutz beobachteten Partei, Thilo Kabus, sagte: "Der Sohn von Frau Hesselbarth ist nicht DVU-Mitglied. Sie sieht keinen Grund zum Rücktritt." So wie ihre politische Tätigkeit sich nicht auf den Schulabschluss ihres Sohnes auswirken dürfe, hätten seine Aktivitäten keinen Einfluss auf ihre politische Arbeit.Der Neonazi-Verein weist nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus auf. Die Kameradschaft habe sich ganz klar mit seinen Symbolen, dem Namen und seinem Sprachgebrauch, aber auch an seiner antidemokratischen Zielsetzung am Nationalsozialismus orientiert.Die Neonazis organisierten erstmals 1998 rechtsextreme Konzerte und pflegen bis heute freundschaftliche Kontakte etwa zum Sänger der verbotenen Neonazi-Band Landser. Am 1. August 2004 wurde der Verein unter dem Kürzel ANSDAPO gegründet. Der Tarnname bedeutet: Alternative Nationale Strausberger Dart Piercing und Tattoo Offensive. "Die Namensgebung weist unverkennbar auf die Nähe zur NSDAP hin", sagte Schönbohm. Deren Auslandsorganisation hieß NSDAP (AO). Das Symbol des Vereins war die "schwarze Sonne". Dieses Zeichen dient Neonazis als Ersatz für die verbotenen SS-Runen und findet sich auch in der so genannten SS-Ordensburg Wewelsburg.Der Polizeipräsident von Frankfurt (Oder) Klaus Kandt sagte: "Der Verein sah sich als Elite." Die meisten Mitglieder sind 20 bis 25 Jahre alt, der Chef ist Ende 30. "Die Liste ihrer Straftaten ist teilweise erheblich", sagte er. "Sie reicht vom Hausfriedensbruch über Raub bis zur Körperverletzung." Eine der Aktionen: Sechs Neonazis - auch Hesselbarths Sohn - drangen in der Nacht zum 23. Januar in den linksalternativen Strausberger Jugendclub "Horte" ein - in "provokanter Absicht", wie die Polizei sagt. Die Situation eskalierte zu einer Schlägerei.------------------------------Foto: In einer Strausberger Wohnung findet die Polizei Beweismaterial gegen die verbotene Kameradschaft ANSDAPO.