Martha Lux-Steiner ist die erste Physikprofessorin der FU Berlin: "Es ist nie zu spät"
"Eine Quotenfrau wollte ich nie sein." Doch daß sie ausgerechnet hier, am Hahn-Meitner-Institut (HMI) eine Abteilung für Solarenergie aufbauen kann, findet sie "mehr als interessant". Martha Lux-Steiner, erste C4-Professorin am Fachbereich Physik der Freien Universität, lacht verschmitzt. Nein, mit Lise Meitner wolle und könne sie sich nicht vergleichen. Obwohl: Einen Satz wie "Hähnchen, laß mich das machen - von Physik verstehst du nichts" darf man Martha Lux-Steiner auch zutrauen. Direkt aufs Ziel zu "Ich hab mir schon gedacht, daß ich hier besondere öffentliche Beachtung finden werde." Als Frau in der Männerdomäne Physik. Schon in der Grundschule sei ihr klar gewesen: Mathe, das liegt mir, Sprachen weniger. Trotzdem drängten die Eltern, der Vater war Arzt, auf eine humanistische Bildung am Gymnasium. Ihr Mathematik-Lehrer erreichte, daß die Eltern einem Physikstudium an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich zustimmten.1975 Physikdiplom an der ETH, 1980 Promotion. Die Arbeit selbst machte sie bei Philips im holländischen Eindhoven. Danach kamen die ersten Angebote - aus aller Welt. Sie war bereits verheiratet und fragte immer: "Haben Sie auch einen Job für meinen Mann?" Schließlich nahm sie ein heimatnahes Angebot der Universität Konstanz an. Zuerst halbtags, dann - weil der Leiter des Arbeitsprojektes Halbleiterphysik ausfiel - ganztags. Es folgte das Angebot für die Habilitationsstelle. Sie nahm genauso an, wie später den Vorschlag eines wissenschaftlichen Verlages, eine Aufgabensammlung zur Festkörperphysik zu schreiben. Im Hinblick auf eine Berufung die richtige Entscheidung, resümiert sie. "Man soll offen sein, ein Nein hat man immer schon, ein Ja kann man bekommen."Sie überlegte kurz, ob es nicht ein bißchen vermessen ist, mit der höchstdotierten C4-Professur zu starten, entschied sich aber dann, den gemeinsamen Ruf von FU und Hahn-Meitner-Institut nach Berlin anzunehmen. In der deutschen Großforschung gibt es nur noch eine Frau, eine Biotechnologin, die eine ähnliche Position wie die gebürtige Schweizerin einnimmt."Zielorientiert" will Martha Lux-Steiner Solarenergieforschung betreiben. "Früher hat man das hier nicht so wichtig genommen", sagt sie diplomatisch, "aber wir müssen das Ziel verfolgen, Solarzellen herzustellen, die sich im internationalen Wettbewerb behaupten." Kommt das nicht doch zu spät? Da ist es wieder, dieses wissend-gewinnende Lächeln: "Es ist nie zu spät."Alternativen für Siliziumsolarzellen sollen am HMI entwickelt werden. "Wir brauchen billigere und schnellere Verfahren und möglichst umweltverträgliche Materialien." In enger Zusammenarbeit mit industriellen Anwendern wird beispielsweise mit Kupferindiumsulfid experimentiert. Das Verfahren nennt sich Dünnfilmtechnologie.Das Herz von Martha Lux-Steiner schlägt für die Forschung. An der FU lehrt sie bis zu vier Wochenstunden. Die Antrittsvorlesung wird im Januar sein. Außerdem plant sie Veranstaltungen zur Einführung in die Festkörperphysik und über nichtnukleare Energieforschung. Fast entschuldigend fügt sie hinzu: "Die Arbeit mit Diplomanden und Doktoranden ist wichtig, und ich habe immer eine soziale Verpflichtung empfunden, die Leute nach ihrer Promotion nicht auf die Straße entlassen zu müssen." Überrascht von Berlin Fühlt sie sich besonders dem weiblichen Wissenschaftler-Nachwuchs verpflichtet? Wieder dieses Lächeln und eine wegwerfende Handbewegung: Seit dem 1. August habe sie bereits fünf Diplomanden, darunter zwei Frauen. Es sei auch für sie schwierig, Frauen nachzuziehen, "es gibt wenige und damit wenig Auswahl". Berlin hat sie in dieser Hinsicht eher überrascht. "Ich habe relativ viele Frauen hier getroffen, die passen." Überhaupt nicht paßt der 45jährigen dagegen, daß der Aufbau der Abteilung durch einen Stellenstopp erschwert wird. Drei Planstellen kann sie entgegen den Zusagen nicht besetzen. "Es ist ein Verlust", stellt sie fast so nüchtern fest wie die Tatsache, daß ihr nach sechs Wochen Berlin das Auto geklaut wurde. "Jetzt sind meine Managementqualitäten gefragt." +++