Abwahlantrag in Friedrichshain-Kreuzberg: Panhoff bleibt Baustadtrat der Grünen
Berlin - Fünf Minuten nach dem Wahlgang stand das Ergebnis fest: Der Abwahlantrag gegen Hans Panhoff, Baustadtrat der Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg, ist gescheitert. Nur zehn der anwesenden 44 Bezirksverordneten stimmten am Mittwochabend bei einer geheimen Abstimmung dafür. 30 waren dagegen, vier enthielten sich. Für eine Abwahl, die die Linken und die Piraten beantragt hatten, wären 34 Ja-Stimmen nötig gewesen.
Anlass des Antrags war eine Aktion Panhoffs Ende Juni. Damals hatte er die Polizei um die Räumung der Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg gebeten. Etwa 170 Flüchtlinge, die dort eineinhalb Jahre gehaust hatten, waren zuvor ausgezogen. Einige weigerten sich jedoch, sie verschanzten sich im Haus und auf dem Dach und drohten mit Selbstmord.
Um ein Unglück zu verhindern, holte Panhoff die Polizei. Schließlich kam es zum Kompromiss: 45 Flüchtlinge durften bleiben, die Räumung wurde abgeblasen. Weil aber in Kreuzberg allein das Wort Räumung einen Tabubruch darstellt, wird der Stadtrat seither stark angefeindet. Er erhielt Morddrohungen, es gab Anschläge vor seinem Wohnhaus. Linke und Piraten nannten ihn einen Hasardeur. Einen, der Menschenleben aufs Spiel gesetzt habe. Es sei ihm vielmehr nur darum gegangen, eine Wiederbesetzung zu verhindern.
"Das einzig Mögliche"
Dem widersprachen Grüne und SPD vehement. Beide Fraktionen erklärten, geschlossen gegen den Antrag zu stimmen. Die CDU kündigte Enthaltung an. Doch auch bei den Grünen im Bezirk, in dem Hausbesetzungen und Widerstand zum politischen Alltag gehören, ist der Unmut über Panhoffs Alleingang groß. Fraktionssprecher Jonas Schemmel versuchte eine Entschuldigung: Man dürfe Panhoffs Rolle nicht auf die eine Aktion reduzieren – der Stadtrat sei der einzige Politiker im Bezirk, der sich unermüdlich für die Flüchtlinge einsetze. Er sei der „Kümmerer der Gerhart-Hauptmann-Schule“.
Schemmel räumte ein, der Ruf nach Polizei sei „an die politische Substanz der Grünen“ gegangen. Es sei aber schwierig zu entscheiden, was damals richtig und was falsch war: „Hans Panhoff hat in einer für ihn schier ausweglosen Situation das für ihn einzig Mögliche getan, um den Polizeieinsatz an der Schule letztlich zu beenden.“
Der Fraktionschef der SPD Andy Hehmke griff Bürgermeisterin Monika Herrmann an. Die Grünen-Politikerin hatte mehrfach erklärt, sie hätte die Entscheidung, die Polizei zu holen, so nicht getroffen. Hemke: „Die Grünen, die im Bezirksamt über die absolute Mehrheit verfügen, hätten leicht alles revidieren können.“ Stattdessen hätten sie sich weggeduckt. Herrmann ging nicht darauf ein, dafür lobte sie Panhoff: Nur wenige könnten beurteilen, sagte sie, was er in all den Monaten in der Schule geleistet habe.
Ungewisse Pläne für die Gerhart-Hauptmann-Schule
Auch wenn Panhoff das Misstrauensvotum überstanden hat, die Sache ist für ihn längst noch nicht erledigt. Er erwarte, sagt er, dass etliche Grüne nur auf den richtigen Moment warten, um ihr Mütchen an ihm doch noch zu kühlen: „Die Zeit der süßen Rache kommt 2016, wenn entschieden wird, ob ich noch mal für ein Amt aufgestellt werde.“ Was jetzt aus der Gerhart-Hauptmann-Schule wird, ist indes ungewiss. Eigentlich soll sie zum internationalen Flüchtlingszentrum umgebaut werden. 70 Wohnplätze für Flüchtlinge sind geplant.
Doch es könnten mehr werden, wie Finanzstadträtin Jana Borkamp (Grüne) am Mittwochabend sagte. Das Gebäude könnte komplett zum Flüchtlingsheim werden, woran das Landesamt für Gesundheit und Soziales Interesse zeige. Auch Betreiber gebe es, aber die verlangten, dass die Lage mit den 45 Flüchtlingen „überschaubar“ geklärt wird.
Borkamp präsentierte einen Kassensturz: Danach liegen die Kosten des Bezirks für die Schule seit Jahresbeginn insgesamt bei 1,5 Millionen Euro – für Müll, Reinigung, Wasser, Strom oder Reparaturen. Der größte Posten mit 500.000 Euro ist der Wachschutz. Borkamp: „Wenn wir den nicht bis zum Jahresende reduzieren können, kommen wir auf zwei Millionen Euro.“ Wie der Bezirk das Geld aufbringen will, weiß dort niemand.