Affenpocken: In Berlin ist der Impfstoff zu knapp - ausgerechnet vor dem CSD

Seit heute kann man sich immunisieren lassen. Der Andrang ist so groß, dass es schon Wartelisten gibt. Wo liegen die Probleme?

Impfstart in Berlin: Im Zentrum für sexuelle Gesundheit wird am Mittwoch ein Mann gegen Affenpocken immunisiert.
Impfstart in Berlin: Im Zentrum für sexuelle Gesundheit wird am Mittwoch ein Mann gegen Affenpocken immunisiert.Sabine Gudath

Nun ist es soweit: Berliner können sich ab heute gegen Affenpocken impfen lassen. Das verkündete der zuständige Gesundheitsstaatssekretär Thomas Götz am Mittwoch im Zentrum für sexuelle Gesundheit Mitte. Der Start der Impfkampagne sei „langersehnt“, sagte Götz. Während er sprach, bekamen im Hintergrund erste Impfwillige von Ärzten den Virus-Schutz in den Arm gespritzt. An insgesamt 22 Stellen in Berlin, auch hier im Zentrum für sexuelle Gesundheit, kann sich jetzt jeder impfen lassen. Zumindest jeder, der einen Termin bekommt.

Noch ist nicht ausreichend Impfstoff verfügbar. 8.000 Dosen Invanex, wie der Impfstoff heißt, lagern derzeit in Berlin. Zu wenig, sagen nicht nur die Facharztpraxen. Auch der Bezirksstadtrat von Mitte, Christoph Keller, sagte, die Nachfrage sei deutlich höher als das derzeitige Angebot. Es gebe bereits Wartelisten. „Eine Impfskepsis wie bei Corona können wir nicht konstatieren.“

Deutschland habe weitere Impfdosen bestellt, sagte Staatssekretär Götz. Die Rede sei von insgesamt rund 240.000 Dosen, die in zwei Tranchen geliefert würden. Einen Großteil davon werde Berlin bekommen. Die erste Tranche, im Umfang von 40.000 Dosen, ist bereits geliefert worden. Berlin hat davon 8.000 erhalten. Wann es mehr gebe, das könne er, Götz, allerdings noch nicht sagen.

Kritik am Berliner Senat

Schon vor dem Start der Impfkampagne hatte es Kritik an der Senatsverwaltung und an Gesundheitssenatorin Ulrike Gote gegeben. Vonseiten der Deutschen Aidshilfe hieß es, der Impfstoff lagere schon seit Juni in der Charité, man hätte viel eher mit den Impfungen beginnen können.

Thomas Götz begründete die lange Wartezeit mit „großen, vor allem logistischen Herausforderungen“. So sei der Impfstoff in Europa derzeit nur für Pocken zugelassen, nicht aber für Affenpocken. Anders als in den USA. Durch die fehlende Zulassung habe es einige Haftungsfragen zu klären gegeben. Man habe auf die Empfehlung der Ständigen Impfkommission warten wollen. Zudem müsse der Impfstoff bei Minus 20 Grad gelagert werden. Nach dem Auftauen halte er sich nur noch für zwölf Stunden. Entsprechende Kühlsysteme seien nicht überall vorhanden.

Wird der CSD ein Superspreader-Event?

Der Start der Impfkampagne kommt gerade noch rechtzeitig, könnte man sagen. Berlin ist Infektions-Hotspot. Von insgesamt fast 1700 Infektionen in Deutschland erfolgten 954 in Berlin. Fast ausschließlich sind dabei Männer betroffen. Meist hatten sie mit anderen Männern Sex. Mitten im Pride Month, weniger als zwei Wochen vor dem Christopher Street Day (CSD) mit einer halben Millionen erwarteten Gästen, bereiten die steigenden Infektionszahlen den zuständigen Behörden durchaus Sorge.

Beim CSD wird das Gesundheitsamt eventuell mit einem Stand über die Ausbreitung von Affenpocken informieren. Zudem wird mit Flyern und Plakaten auf das Virus aufmerksam gemacht. Doch die Behörden versuchen auch zu beschwichtigen. Affenpocken seien nicht Corona, sagt Thomas Götz. Eine Übertragung finde nur bei längerem, engem körperlichen Kontakt statt.

„Man braucht also keine Panik haben, sich in einem vollen Bus anzustecken“, sagt Götz. Vom CSD als einem möglichen Superspreader-Event möchte er nichts wissen. „Mit der Impfkampagne werden die Zahlen zum Ende des Jahres abnehmen“, sagte er. Ob er Recht behält, wird vor allem davon abhängen, wann ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht.