Altkleidersammlung als Geschäftsmodell: So macht H&M die Lumpen seiner Kunden zu Geld
Schnäppchenjäger aufgepasst! Er ist wieder da, der Sommerschlussverkauf. Zwar heißt er nicht mehr so. Aber das Prinzip des „Summer Sale“ ist das gleiche: Große Modeketten werben vor dem Wechsel zur Herbst-Kollektion mit drastisch gesenkten Preisen und locken so die Kundschaft in die Einkaufstempel der Stadt.
Und sie kommen in Scharen, denn der Preis ist heiß. Zwei BHs sind bei C&A für neun Euro und das Kinder-T-Shirt für nur drei Euro zu haben. H&M bietet das kurzärmelige Herrenhemd für sieben Euro an, Damen dürfen sich über ein Top zum Tiefpreis von 2,95 Euro freuen.
Je niedriger die Preise, umso größer die Versuchung Bekleidung zu kaufen, die nach dem zweiten Tragen schon nicht mehr in Form ist oder schlicht nicht mehr gefällt.
Unsere Kleiderschränke sind zum Bersten voll. Nach einer Studie der RWTH Aachen aus dem Jahr 2008 entsorgen die Bundesbürger jährlich Millionen Kleidungsstücke. Diese landen entweder auf dem Müll oder in den zahllosen legalen und illegalen Altkleidercontainern der Republik.
Doch es gibt auch noch eine andere Möglichkeit, sich seiner ausrangierten Klamotten zu entledigen, und zwar direkt beim Shoppen. Ausgerechnet die milliardenschwere Modekette H&M, die nicht gerade im Verdacht steht, überwiegend langlebige Bekleidung zu verkaufen, behauptet, dem Wegwerfwahn etwas entgegenzusetzen.
Altes dalassen, neues einkaufen
Seit Februar 2013 können Kunden ihre Altbekleidung direkt in den 28 Berliner sowie in allen anderen rund 400 deutschen H&M-Filialen abliefern. Egal von welchem Hersteller oder Händler die Kleidungsstücke stammen, egal in welcher Menge. Spezielle Sammelcontainer mit der Aufforderung "Wir wollen Ihre alte Kleidung“ in der Nähe der Kasse stehen bereit.
So wird der Kunde zum Kleiderspender – und der Spender wieder zum Kunden. Denn zur Belohnung gibt es pro Tag bis zu zwei Rabattgutscheine über 15 Prozent für die nächsten Einkäufe. Das 2,95 Euro-Top wird auf diese Weise noch einmal 44 Cent günstiger.
Und der Plan der H&M-Kampagne "Long Live Fashion" ("Lang lebe die Mode") scheint aufzugehen: Mehr als 1000 Tonnen Kleidung sind in den vergangenen 15 Monaten bundesweit zusammen gekommen. Das aktuelle Sammelergebnis für die 53 Länder, in denen sich der schwedische Textilgigant Altkleidung frei Haus bringen lässt, beträgt mehr als 6000 Tonnen. Dabei belegen die Deutschen, ein Volk der Sammler, den Spitzenplatz: Sie sammeln etwa fünf Mal so viel ein wie die Amerikaner.
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