Ampeln in Berlin: Erst warten, dann sprinten
Berlin - Lange Wartezeiten, kurze Grünphasen – und dann noch Unfallgefahren durch rechts abbiegende Autos: Das ist für Fußgänger an vielen Ampeln in Berlin Alltag. An zu vielen Ampeln, bemängelt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Berlin hat zu viele fußgängerfeindliche Ampeln“, sagte der Verkehrsreferent des Berliner Landesverbands, Martin Schlegel, am Dienstag. „Bei der Steuerung der Ampeln in der Stadt gibt es noch großen Verbesserungsbedarf.“
Knapp 30 Prozent aller Wege in der Hauptstadt werden zu Fuß zurückgelegt. Doch trotz des hohen Anteils am Verkehr bekämen Fußgänger von den Planern nicht überall die Beachtung, die sie verdienen, kritisierte Schlegel. Im Frühjahr hatte der Verband dazu aufgerufen, Ampeln zu melden, an denen Passanten behindert oder gefährdet werden. Die Resonanz war groß. Bisher wurden schon 206 Problemstellen gemeldet – mit beachtlichen Negativrekorden.
„So müssen Fußgänger an der Frankfurter Allee/Ecke Jungstraße schlimmstenfalls 120 Sekunden warten, bis sie grünes Licht bekommen“, sagte Schlegel. Seien die Passanten nicht schnell genug, müssten sie auf der Mittelinsel noch mal so lange stehen. Auch „Sprinterampeln“, Ampeln mit zu kurzer Grünphase, ärgern viele: „An der Bernauer Straße/Ecke Brunnenstraße ist drei Sekunden Zeit, über die Straße zu laufen.“
Veraltete Technik
Zu viele Knotenpunkte ließen sich nicht „in einem Rutsch“ überqueren, so Schlegel. Stattdessen müssten Passanten auf einer Mittelinsel erneut warten. Die Kreuzung Gneisenaustraße/Mehringdamm wurde fünf Mal genannt. Auch die Querung des Mollknotens und der Kreuzung An der Urania/Kleiststraße fordere viel zu viel Geduld.
Wenn die Mittelinseln dann noch zu schmal für die vielen Fußgänger sind, werde es zudem gefährlich. „An den U-Bahnhöfen Rathaus Neukölln und Boddinstraße, aber auch am S-Bahnhof Prenzlauer Allee kommt es deshalb immer wieder zu gefährlichen Situationen“, sagte Schlegel. Unfallgefahren drohten auch dort, wo Autos auf doppelter Spur nach rechts abbiegen dürfen – was am Fußgängerweg zu unübersichtlichen Verhältnissen führen könne.
Ein Problem sei auch, dass an vielen Querungsstellen Ampeln fehlen – zum Beispiel Unter den Linden am Kupfergraben oder an der Kottbusser Brücke. Und längst nicht alle Kreuzungen hätten auf jeder einmündenden Fahrbahn einen Überweg für Fußgänger. Dort müssten Fußgänger Umwege laufen. Ein Beispiel sei die Indira-Gandhi-Straße/ Berliner Allee.
Schlegels Bilanz: Die Verkehrslenkung Berlin, die als oberste Straßenverkehrsbehörde für die Ampeln zuständig ist, schöpfe ihre Möglichkeiten nicht aus. Die Technik sei oft veraltet. So gebe es zu wenig Ampeln, die je nach Verkehrsaufkommen geschaltet sind. Anstatt neuartige Ampelschaltungen zu erproben, die nach Meinung des BUND die Sicherheit nicht erhöhen, sollte der Senat die bestehenden Ampeln verbessern.
„Die Kritik können wir nicht nachvollziehen“, sagte Petra Rohland von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. In Berlin müssten Fußgänger weniger lang auf Grün warten als anderswo, und die Schaltungen seien auf langsames Gehtempo abgestimmt. Rohland: „Wir müssen auch die anderen Verkehrsarten berücksichtigen“ – nicht nur die Autos, auch den Nahverkehr. Auf die Ampeltests will der Senat nicht verzichten: „Warten wir doch ab, was sie bringen.“