Anti-Berlin-Film: Jetzt startet Brandenburgs provokative Image-Kampagne
Es kann so einfach sein, Webung für das eigene Land zu machen. Das zeigt sich an Bayern: Dieses Bundesland ist offensichtlich so bekannt, und unverwechselbar, dass Leute in Lederhosen und Dirndl sogar weltweit als Sinnbild für ganz Deutschland stehen. Und so hält es Bayern – übrigens als einziges Bundesland – nicht für nötig, einen eigenen Werbespruch in die Welt zu setzen.
So wie Baden-Württemberg mit dem zum Markenzeichen gewordenen Spruch „Wir können alles. Außer hochdeutsch“ oder wie die deutsche Hauptstadt mit „Be Berlin“ oder – wohl als Negativbeispiel – das Land mit der Hauptstadt Hannover mit dem Spruch „Niedersachsen. Klar.“
527 Großplakate mit Brandenburg-Werbung
Neben Bayern hatte bislang nur Brandenburg keinen Spruch. Das war einmal: Seit Dienstag werden in der Lausitz die Plakate der ersten Imagekampagne aufgehängt. Bis Freitag wird auch der Norden plakatiert sein, mit 527 Großplakaten oder Postern an Haltestellen. Immer dabei der Werbespruch: „Brandenburg – es kann so einfach sein.“
Die Werbung soll – so jedenfalls die Idee der Regierung und der Agentur Scholz & Friends – die Sehnsucht nach Brandenburg wecken. Es gibt sechs Plakatmotive mit idyllischen Motiven und Sprüchen wie: „Wer auf zu neuen Ufern will, findet bei uns die meisten in ganz Deutschland“ oder „Schön, wenn man da zu Hause ist, wo andere nur am Wochenende hinkönnen“ oder „Warum das Weite suchen, wenn man darin wohnen kann.“
Idylle gegen Hektik
„Wir wollen den Namen Brandenburg emotional aufladen und das Land als Lebensort ins Gespräch bringen, als sehr guten Lebensort“, sagt Thomas Braune, der Leiter des Landesmarketings.
Solch eine Imagekampagne kann schnell etwas Langweiliges haben, etwas Dröges. Doch in diesem Fall kann durchaus gesagt werden, dass es den Machern gelungen ist, nicht nur für Aufmerksamkeit zu sorgen, sondern sogar für Aufregung. Zwar beginnt die Kampagne offiziell erst jetzt, doch bereits Ende Februar wurde im Internet für reichlich Meckerei und damit für mediale Berichterstattung gesorgt. Da stand plötzlich ein Werbefilm im Internet, der für Diskussionen sorgte: Denn der Werbespot für das Land Brandenburg ist in allererster Linie ein Anti-Berlin-Film.
In trostlosen, schnell geschnittenen Schwarz-Weiß-Bildern wird gezeigt, dass Großstadtkinder keinen Platz zum Spielen finden, dass alle nur noch am Handy hängen. Dazu die Hektik der Großstadt, Verkehrschaos, Dreck – und Sätze wie: „Einfach auf die Straße gehen, ohne das Gefühl, in den Krieg zu ziehen.“
Erst am Ende wird der Film farbig: Idylle, Harmonie, Natur, Sonnenuntergang. Dazu der Spruch: „Brandenburg – Es kann so einfach sein.“
Gerade das Spiel mit dem Begriff Einfachheit wurde im Internet und vielen Medien kritisiert: Der Spruch sei banal, beleidigend und treffe nicht das Herz der Brandenburger.
Sehnsucht nach mehr Einfachheit
Sofort gab es im Internet mehrere Satire-Varianten. Da gibt es zum Beispiel den Werbefilmsatz „Einfach machen, ohne zu planen“ – unter den natürlich Bilder vom Dauerdesaster BER gelegt wurden.
Doch die Sache mit der Provokation und dem Werbespruch scheint aufgegangen zu sein. Jedenfalls ergaben das Umfragen der Macher: Schon vor dem offiziellen Start der Kampagne sagte jeder Zehnte in Deutschland, er kenne den neuen Werbespruch bereits. In Brandenburg ist es fast jeder Dritte. Insgesamt finden 79 Prozent, der Spruch passe gut zu Brandenburg.
Brandenburg als Sehnsuchtsort?
Werber Michael Winterhagen sagt: „Immer mehr Menschen spüren eine tiefe Sehnsucht nach mehr Einfachheit, Natur und Selbstbestimmtheit. Diese Sehnsucht kann Brandenburg perfekt bedienen.“
Auch Marketing-Chef Thomas Braun sagt, dass man stolz auf die große Aufmerksamkeit sei. Denn der Etat sei nicht so groß. Er beträgt 3,5 Millionen Euro bis 2020. Für dieses Jahr sind es eine Million Euro, die Plakataktion kostet 120.000 Euro.
Zielpublikum sind auch Berliner
Das ist bescheiden: Baden-Württemberg investierte 8,7 Millionen Euro, und Berlin zahlte allein in den Start der „Be Berlin“-Kampagne fünf Millionen Euro.
Dass sich Brandenburg entschlossen hat, doch für sich zu werben, liegt an einer bundesweiten Umfrage. Sie ergab, dass die meisten nichts konkretes mit diesem Land verbinden. Die Werbung hat mehrere Ziele. Einerseits soll sie eine Art Selbstbestätigung sein. „Wir starten mit der Plakatierung ganz bewusst in Brandenburg“, sagt Braune. „Die Leute sollen stolz auf ihr Land sein.“
Zielpublikum sind auch die vielen Berliner, die raus aufs Land gezogen sind, die im Herzen oft noch Berliner sind und in die Hauptstadt pendeln. Ein Fünftel des Etats wird auch in Berlin ausgeben. „Denn die Bereitschaft, nach Brandenburg zu ziehen, ist in Berlin da“, sagt Braune. „Jeder zweite kann es sich vorstellen.“ Und genau darum geht es: Leute ins Land locken – Bewohner und Investoren.
Später soll auch im Westen der Republik für Brandenburg geworben werden. Mitte Juni wird eine Werbe-Seite im Internet freigeschaltet. Geworben wird immer mit vier Dingen: Brandenburg ist waldreich, reich an Seen und nahe an Berlin, und jeder kann hier sein Ding machen. Das behauptet jedenfalls die Werbung.