Antrag im Bundesrat: Berlin steht nicht hinter der Ehe für alle
Der Bundesrat wird am nächsten Freitag aller Wahrscheinlichkeit nach einen Entschließungsantrag zur Ehe für alle annehmen. Doch ausgerechnet Berlin wird sich bei der Abstimmung voraussichtlich der Stimme enthalten. Grund: Die Berliner CDU hat noch internen Beratungsbedarf zu dem Thema. Für eine Bundesratsinitiative, die Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) Anfang der Woche in den Senat eingebracht hatte, verweigerte Innensenator Frank Henkel (CDU), der auch Landesvorsitzender seiner Partei ist, die Mitzeichnung. Aber noch ist nichts entschieden. Das Thema wird am Dienstag im Senat beraten.
Henkels Haltung bringt ihm heftige Kritik von Verbänden und von der Opposition, aber auch vom Koalitionspartner SPD ein. „Das ist ein Schlag ins Gesicht“, sagte der Vorsitzende des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin (LSVB), Jörg Steinert, der Berliner Zeitung. „Im Jahr 2015 brauchen wir keine Diskussionen mehr über dieses Thema, wir brauchen Entscheidungen.“
Auch der Landesvorsitzende der Grünen, Daniel Wesener, erklärte: „Es ist unverständlich, dass die CDU im Senat Politik gegen die große Mehrheit der Berliner macht.“ SPD-Landeschef Jan Stöß sagte: „Berlin ist weltoffen, tolerant und akzeptiert ganz selbstverständlich gleiche Rechte für gleiche Liebe. Das hat die Henkel-CDU noch immer nicht begriffen.“
Angenommen wird der Entschließungsantrag, den Niedersachsens rot-grüne Landesregierung vorgelegt hat, wohl dennoch. Außer den rot-grün regierten Ländern wollen auch Brandenburg und Thüringen dem Vorschlag zustimmen. Damit wäre die Mehrheit gesichert. Ein Beschluss des Bundesrats würde aber noch nicht die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare bedeuten. Entscheiden muss in dieser Frage der Bundestag.
Aus Berliner CDU-Kreisen hieß es, man fühle sich von der SPD vorgeführt. Es sei unverständlich, warum das Thema so dränge, nachdem Berlin jahrelang keine Initiative zur Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ergriffen habe. Dem Vernehmen nach lehnt Frank Henkel die Ehe für alle nicht ab, will aber der Debatte in der Union Raum geben.
Etliche Berliner CDU-Politiker haben sich bereits für die Öffnung der Ehe ausgesprochen. So sprach sich der Generalsekretär des Landesverbandes, Kai Wegner, kürzlich in einem Interview für eine Reform aus. Auch Justizsenator Thomas Heilmann trat für eine Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare ein.
Fraktionsvize Stefan Evers kündigte spätestens zum Bundesparteitag der Union im Dezember einen Beschluss der Berliner CDU an. „Ich gehe davon aus, dass es nach reiflicher Diskussion eine Mehrheit für die Öffnung der Ehe geben wird“, sagte er der Berliner Zeitung am Donnerstag. (mit tt., zy.)
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