Berlin - Ein Warnstreik wird die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) am Sonnabend rund 15 Stunden lang lahmlegen. Vom Betriebsbeginn gegen 4 Uhr bis 19 Uhr sollen in ganz Berlin auf allen Linien weder U- und Straßenbahnen noch Busse fahren, kündigte die Gewerkschaft Verdi am Mittwoch an. Damit fällt die Arbeitsniederlegung länger aus als erwartet - zuletzt war von drei bis fünf Stunden die Rede. Während des Ausstands müssen alle Fahrgäste auf S-Bahn- und Regionalzüge ausweichen, die nicht der landeseigenen BVG gehören.
Dass schon der erste Warnstreik der jetzigen Tarifrunde so lange dauern soll, stieß auf heftige Kritik. Dies sei "unangemessen und gegenüber unseren Fahrgästen höchst unfair", sagte BVG-Chefin Sigrid Evelyn Nikutta. Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) kritisierte, für die Reisenden bedeute dies eine erhebliche Belastung und eine unnötige Härte, zumal die Verhandlungen um höhere Löhne andauerten. Müller forderte Verdi auf, die Aktion zu überdenken.
"Ein 15-stündiger Streik sprengt jedes vernünftige Maß", sagte Jens Wieseke vom Fahrgastverband IGEB. "Das ist verantwortungslos, auch angesichts der Tatsache, dass wir mit der Berlinale gerade eine internationale Veranstaltung in der Stadt haben." Die U-Bahn befördert einen Großteil der Besucher zu den Kinos. Vom Streik betroffen sind auch die Fans der Bundesliga-Partie Hertha BSC gegen Borussia Dortmund, zu der mehr als 70.000 Besucher erwartet werden: Die U 2 zum Olympiastadion wird stillstehen.
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"Wir haben für die erste Streikaktion bewusst den Sonnabend gewählt, um die Auswirkungen für die Fahrgäste gering zu halten", erklärte Verdi. Dann seien nicht so viele Pendler und andere BVG-Stammkunden unterwegs.
"Der Warnstreik wird trotzdem rund 1,8 Millionen Fahrgäste in ihrer Mobilität massiv behindern", entgegnete Nikutta. "Sie werden zu Recht kein Verständnis aufbringen." Für viele Menschen sei der Sonnabend ein ganz normaler Arbeitstag, pflichtete ihr Wieseke bei.
"Unsere Geduld ist erschöpft", erklärte Verdi. Die Tarifkommission hatte am Mittwoch auch das jüngste Angebot des Kommunalen Arbeitgeberverbands (KAV) für die 12 500 Beschäftigten als unzureichend abgelehnt. Die Laufzeit sei mit drei Jahren zu lang. Zudem sehe das Angebot zu geringe Lohnerhöhungen vor: im Mai 2012 um 2,3, im Juni 2013 um 1,3 und im Juli 2014 um 1,5 Prozent. Verdi fordert einen jährlichen Ausgleich der Inflation (derzeit 2,3 Prozent) sowie einen Aufschlag.
Am Montag treffen sich Verdi und der KAV zur siebten Verhandlungsrunde. Gleich danach tagt erneut die Tarifkommission. Es könnte sein, dass sie weitere Aktionen beschließt, so Verdi.