Atommüll-Zwischenlager Wannsee: Berlins Atommülllager wird zur strahlenden Last

Wannsee - Unweit des alten Dorfkerns von Wannsee steht nicht nur Berlins Atomreaktor. Auf dem Gelände des Helmholtz-Zentrums nahe der südwestlichen Stadtgrenze, nur einen Spaziergang von der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam entfernt, befindet sich auch die Zentralstelle für den gesamten radioaktiven Müll, der sich in der Hauptstadt anfällt.

Eigentlich ein Zwischenlager. Doch das Helmholtz-Zentrum wird die radioaktiven Abfälle nicht los und die Lagerkapazitäten sind bald ausgeschöpft.

Offiziell heißt sie „Ausgangshalle“. In dem 320 Quadratmeter großen Raum stapeln sich 25 große gelbe Endlagercontainer und zahlreiche Fässer auf Hochregalen. Es ist die Zentralstelle für radioaktiven Abfall (ZRA) in Wannsee, eine Art Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll. „Ausgang“ steht deshalb an der Halle, weil viele der Behälter mit ihrem strahlenden Inhalt darauf warten, abtransportiert zu werden, in das geplante Atommüllendlager Schacht Konrad.

„Ein unhaltbarer Zustand“

Doch dessen Fertigstellung ist noch gar nicht absehbar. Aber die Halle in Wannsee nähert sich der Grenze ihrer Aufnahmefähigkeit. Nach Angaben des Betreibers ist sie zu etwa 81 Prozent gefüllt. Und so lange es kein Endlager gibt, wird sie immer voller.

„Ein unhaltbarer Zustand“, beklagt die örtliche SPD, die kürzlich Wannseer Anwohner mit einem offenen Brief über die Lage informierte. Die Zentralstelle als „eines der bundesweit größten Zwischenlager für radioaktiven Abfall“ befinde sich „mitten in einer Metropolregion“. Wegen der Unwägbarkeiten eines künftigen Endlagers sei sie längst keine Zwischenlösung mehr, kritisieren die Sozialdemokraten. Zudem seien die Sicherheitsstandards – einfache Lagerhalle, dünne Wände, schlichte Zäune – viel zu gering.

Wannsee könnte zu einem De-facto-Endlager werden

Auch Jörn Beckmann, Leiter der ZRA, die ebenso wie der benachbarte Forschungsreaktor BER II vom Helmholtz-Zentrum betrieben wird, sieht Handlungsbedarf. „Von den 800 Kubikmetern Kapazität sind 650 belegt“, sagt er. In einigen Jahren könne das Land Berlin „ein Problem“ haben.

Die Sorge, dass Wannsee zu einem De-facto-Endlager wird, kommt nicht von ungefähr. Wann der Schacht Konrad in Betrieb geht, ist nämlich völlig offen. „Offiziell ist das für 2019 geplant“, sagt Beckmann. Aber der Betreiber habe signalisiert, dass sich dies noch Jahre verzögern könne. Schacht Konrad im niedersächsischen Salzgitter ist als Endlager des Bundes für radioaktive Abfälle mit geringer Wärmeentwicklung vorgesehen und wird dafür zur Zeit aufwendig ausgebaut.

Auch Daniel Buchholz, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, hält die Situation für hoch problematisch. „Wir brauchen eine Lösung, die mit den anderen Bundesländern abgestimmt ist. Das muss gerechter aufgeteilt werden“, sagt er. Er werde sich dazu mit Anfragen an den Senat wenden.

Bisherige Versuche Berlins, mit Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern Kooperationen bei der Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle einzugehen, scheiterten jedoch. Schwerin hatte Berlin vergangenes Jahr eine Absage erteilt, Abfälle in seinem Zwischenlager in Lubmin unterzubringen, das auch von Brandenburg mit genutzt wird.

„Gefahrenquelle mitten im Wohngebiet“

In der zuständigen Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung übt man sich in Optimismus. „Wir gehen davon aus, dass wir mit der Zentralstelle bis zur Einrichtung des Endlagers auskommen“, sagt Staatssekretär Nicolas Zimmer (CDU). Zunächst gelte der Eröffnungstermin 2019. Dass der möglicherweise nicht zu halten sei, wisse er aber auch. Eine Kooperation mit den umliegenden Bundesländern hält Zimmer derzeit dennoch für unwahrscheinlich. Und auch eine Vergrößerung der Lagerkapazitäten in Wannsee sei nicht möglich.

Felicitas Kubala, umweltpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, ärgert sich, dass seit dem gescheiterten Kooperationsversuch mit Mecklenburg-Vorpommern nichts mehr geschehen sei: „Der Senat hat sich nicht mehr gekümmert. Das war wohl keine ernsthafte Prüfung.“ Die Verwaltung müsse einen erneuten Versuch unternehmen. „Immerhin ist die Sammelstelle neben dem Forschungsreaktor eine zusätzliche Gefahrenquelle mitten im Wohngebiet“, sagt Kubala. Heute würde so etwas gar nicht mehr genehmigt werden.