Aufmarsch gegen Containerdorf für Asylbewerber: Über 3000 Gegendemonstranten bei rechter Demo in Marzahn
In Marzahn hat die Demonstration gegen ein geplantes Containerdorf für Asylbewerber begonnen. Rund 800 Teilnehmer hatten sich bis 14:30 Uhr am Startpunkt auf der Raoul-Wallenberg-Straße versammelt. Seit Tagen hatten rechte Gruppen dazu aufgerufen, an dem Marsch teilzunehmen. Die Polizei ist mit 1700 Beamten im Einsatz, wie Polizeisprecher Stefan Redlich der Berliner Zeitung sagte. Auch Hundertschaften aus Baden-Württemberg und Schleswig Holstein sind zur Unterstützung angefordert worden.
Etwa zwei Drittel der Demonstranten sind in schwarzer Kleidung und mit dunklen Sonnenbrillen als Neonazis zu identifizieren. Ein Drittel der Menschen sind Anwohner, die gegen den Bau geplanten der Wohncontainer sind. "Das sind ja gar nicht alles Kriegsflüchtlinge", meint eine Frau zu wissen. "Wir sind nicht alle Nazis, aber wir wohnen hier", brüllt eine andere ihr ins Wort. Vereinzelt sind Deutschland-Fahnen zu sehen.
Die Route der Asylgegner sollte ursprünglich von der Jan-Petersen-Straße/Ecke Raoul-Wallenberg-Straße über die Landsberger Allee, den Blumberger Damm, die Alte Hellersdorfer Straße, die Eisenacher Straße, die Neue Grottkauer Straße, die Glauchauer Straße, die Nossener Straße bis zur Riesaer Straße verlaufen. Allerdings wird die insgesamt knapp acht Kilometer lange Strecke von Gegendemonstranten blockiert, sodass der Protestzug der Asylgegner nicht in Bewegung kommt.
Im Vorfeld der rechten Demo waren entlang der Strecke zehn Gegen-Kundgebungen angemeldet worden. Sechs davon wurden später wieder abgesagt, weil sie nicht direkt an der Strecke lagen. Etwa tausend Gegendemonstranten hatten sich gegen 14 Uhr an der Landsberger Allee versammelt, sie saßen auf dem Boden, hörten Musik, viele hatten Luftballons und Plakate dabei. Mindestens 2000 weitere Menschen stießen später dazu.
Auch der Landesvorsitzende der Berliner SPD, Jan Stöß, war unter den Gegendemonstranten. "Es ist wichtig, Gesicht zu zeigen. Man darf Marzahn-Hellersdorf nicht den Leuten überlassen, die die Ängste der Anwohner missbrauchen", sagte Stöß der Berliner Zeitung. Rechtsextremisten würden die Situation in dem Bezirk instrumentalisieren. "Doch Nazis haben keinen Platz in Berlin."
Stefan Komoß, Bezirksbürgermeister von Marzahn-Hellersdorf, zeigte sich zufrieden mit der großen Resonanz gegen die Rechten. "Die Gruppe der Gegendemonstranten ist sehr durchmischt. Das zeigt doch, dass wir ein toleranter Bezirk sind." Jugendliche wie Rentner, Familien und Studenten tummelten sich auf der Landsberger Allee. Doch auch vermummte Linksextremisten nahmen an der Gegendemonstration teil.
Berlins Sekretär Bernd Krömer (CDU) hatte kurz vor Demobeginn noch einmal an die Not der Flüchtlinge erinnert. Es habe sich offensichtlich noch nicht überall herumgesprochen, dass Menschen aus Kriegsgebieten in Berlin Zuflucht suchten, die vor Anschlägen auf ihr Leben geflüchtet seien, sagte Krömer dem RBB. Weiterhin äußerte er gegen 16.15 Uhr gegenüber der Berliner Zeitung die Vermutung, dass die Anwohner den Demonstrationszug längst verlassen hätten. An ihre Stelle wären wohl weitere Neonazis getreten.
Dieser Vermutung stimmte auch die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram zu. Sie identifizierte die bis circa 17 Uhr verbliebene Gruppe der Asylkritiker als fast ausnahmslos NPD-nahe. Des Weiteren sagte sie der Berliner Zeitung, sie verbuche diesen Tag als einen guten für die Zivilgesellschaft. Den Neonazis wäre es - anders als in den vergangenen Wochen - nicht gelungen, die Anwohner für Ihre Zwecke zu missbrauchen.
Gegen 17.30 Uhr setzte sich der Demonstrationszug der Rechten erstmals in Bewegung. Polizisten schirmten den Zug vor den Gegendemonstranten ab und begleiteten ihn in Richtung S-Bahnhof. Sowohl rechte Demonstranten als auch Gegenprotestler liefen nebeneinander - einzig getrennt durch Tramschienen und eine Großeinheit Polizisten - die Raoul-Wallenberg-Straße entlang. "Wir sind das Volk", skandierten die Rechten, "Nazis raus", antworteten die Linken. Etliche Knallkörper explodiert, auch Flaschen flogen. Die Stimmung wurde zunehmend aggressiver.
Kurz vor 18 Uhr beendete die Polizei die Demonstrationen. Es kam noch vereinzelt zu Rangeleien und zu mehreren Festnahmen.
Eine weitere Demonstration hat die Polizei am Abend beschäftigt. Gegen 18 Uhr begann die Demonstration zu Ehren von Silvio Meier, der 1992 im U-Bahnhof Samariterstraße von Rechten getötet wurde. Bei der diesjährigen Demonstration von Friedrichshain nach Kreuzberg nahmen circa 4000 Demonstranten teil. Die Strecke führte vom U-Bahnhof Samariterstraße bis zum Spreewaldplatz.