Aufstockung von Gebäuden: Neue Wohnungen entstehen auf Berlins Dächern
Berlin - Barbara Hendricks (SPD) steht auf der Dachterrasse des 25-stöckigen Hochhauses am Platz der Vereinten Nationen in Friedrichshain. Viele freie Grundstücke sieht die Bauministerin zwar nicht von hier oben, doch hat Hendricks trotzdem noch jede Menge Platz zum Bauen ausgemacht: auf den Dächern der Stadt.
Es ist Donnerstagmittag und die Bauministerin hat bei einer Rundfahrt zu Bau- und Klimaschutzprojekten in der Hauptstadt einen Stopp eingelegt, um sich über Pläne zur Dachaufstockung in der Berliner Innenstadt zu informieren.
Für Hendricks ist diese Form des Neubaus besonders gut geeignet: „Sie haben das Grundstück, das müssen sie nicht erwerben, und sie müssen auch keine Grunderwerbssteuer zahlen“, zählt sie die Vorteile auf. Zudem sei die Dachaufstockung für die Umwelt besser, weil keine zusätzlichen Flächen versiegelt werden. Sogar die Mieter in den Wohnungen, über denen das Dach ausgebaut wird, würden noch profitieren. Weil sie einen Aufzug erhalten.
Der wichtigste Verbündete der Ministerin an diesem Tag ist die Wohnungsbaugesellschaft Mitte. „Wir stehen vor der Aufgabe, in den nächsten Jahren 10.000 Wohnungen bauen zu dürfen“, sagt WBM-Geschäftsführer Jan Robert Kowalewski.
Plattenbauten werden zuerst aufgesteckt
Neben großen Neubauprojekten wie in der Spandauer Wasserstadt habe die WBM die Dachaufstockungen „in den Fokus“ der Quartiersentwicklungen genommen, sagt er. Der Grund: Die WBM hat nur begrenzt Grundstücke. Zunächst sollen auf Plattenbauten aus DDR-Zeiten Wohnungen in modularer Bauweise aufgesetzt werden, sagt Kowalewski. Vom Plattenbautyp Q3A gebe es beispielsweise in Berlin 29.000 Wohnungen, einige davon besitze die WBM.
In einem Quartier an der Stralauer Allee in Friedrichshain will die WBM den Dachaufbau in modularer Bauweise beginnen. Dort sollen 200 bis 300 Wohnungen errichtet werden, so der Chef der Wohnungsbaugesellschaft. Durch eine hohe Vorfertigung der Bauelemente solle die Belastung der Bewohner während der Bauzeit gering gehalten werden. In ganz Berlin gebe es ein Potenzial zum Bau von rund 50.000 Wohnungen auf den Dächern, sagt Bausenator Andreas Geisel (SPD). Auf die Frage, wie hoch die Mieten in den Dachgeschosswohnungen der WBM sein werden, sagt ein Mitarbeiter der Wohnungsbaugesellschaft, dass die geförderten Wohnungen zu Quadratmetermieten von 6,50 Euro kalt angeboten werden, die übrigen würden „um die zwölf Euro“ kosten. Das ist Bausenator Andreas Geisel zu viel. Eine Miete „zwischen acht und zehn Euro“ pro Quadratmeter sei das Ziel, sagt er.
Hohe Herstellungskosten
Wirklich preiswert dürften Dachgeschosswohnungen aber eher nicht werden. Wegen hoher Herstellungskosten könnten sie eher einen Beitrag zur Ausweitung des Wohnungsangebots im mittleren als im unteren Preissegment leisten, heißt es in einer Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung.
Die WBM will die ersten 200 bis 300 Wohnungen an der Stralauer Allee bis 2019 errichten, sagt Geschäftsführerin Christina Geib. Die Bauvoranfrage sei bereits gestellt. Damit soll geklärt werden, ob der Bau genehmigungsfähig ist.
Die Bauministerin sagt dann noch, dass für den Neubau geworben werden müsse. Der Neubau sei nicht möglich, ohne dass sich etwas ändere – „zum Beispiel der Blick“. Es gebe aber „kein Anrecht auf einen Blick und auf ein unverbautes Gegenüber“, so die Ministerin. „Wenn man eine Wohnung kauft oder mietet, dann hat man zunächst diesen Raum erworben und nicht gleich die ganze Umgebung.“ Grüne Inseln sollten aber erhalten bleiben.