Ausbau-Stopp der A100: Verkehrssenatorin Günther will BUND-Antrag genau prüfen

In der Diskussion um eine Neubewertung der A100-Verlängerung im Lichte des Diesel-Abgasskandals hat sich die Opposition im Abgeordnetenhaus geschlossen für einen Weiterbau ausgesprochen. CDU, FDP und AfD warfen den Gegnern am Donnerstag ideologische Motive vor und betonten die Wichtigkeit des Projekts.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hatte am Mittwoch beantragt, den Planfeststellungsbeschluss für die Verlängerung der Stadtautobahn vom Dreieck Neukölln bis zum Treptower Park zu revidieren, weil er auf Basis falscher Emissionswerte gefasst worden sei. Der rot-rot-grüne Senat zeigte sich offen für die Kritik. Die von den Grünen aufgestellte Umwelt- und Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos) sagte am Donnerstag im RBB-Inforadio: „Wir prüfen das jetzt genau.“

Das Umweltbundesamt hat die Stickoxid-Emissionen von Diesel-Pkw in der neuesten Version seines Handbuchs für Emissionsfaktoren für Straßenverkehr (HBEFA) untersucht. Die Experten kamen zu dem Schluss, dass Euro 6-Diesel fast doppelt so viel gesundheitsschädliche Stickoxide ausstoßen als ursprünglich angenommen: anstatt 264 Milligramm NOx pro Kilometer nun 507 Milligramm (92 Prozent mehr).

FDP will Abgase mit Autobahn verringern

Euro 5-Diesel stoßen demnach 33 Prozent mehr Stickoxide aus, Euro 4-Diesel 23 Prozent. Zu den neuen Messwerten kamen die Experten unter anderem, indem sie zum ersten Mal Messungen auf der Straße vornahmen statt nur im Labor.

Diese neuen Referenzwerte des Umweltbundesamtes sind Grundlage für den Antrag des BUND zum Stopp der A100. Der Berliner Opposition reicht das aber nicht: „Für die CDU-Fraktion ergibt sich kein Zusammenhang zwischen dem Diesel-Skandal und dem Bau der A100“, erklärte ihr verkehrspolitischer Sprecher Oliver Friederici.

Die FDP zog eine Verbindung zur Debatte um den Flughafen Tegel, den sie offenhalten will. „Auch dort hat sich die Datengrundlage enorm verändert, was zur logischen Forderung nach einem Weiterbetrieb von TXL führt“, sagte Fraktionschef Sebastian Czaja.

Die AfD plädierte sogar für einen kompletten Ringschluss der Stadtautobahn um die Innenstadt. „Mehr Stadtautobahn heißt: weniger Stau, weniger Stress und weniger Abgase“, sagte ihr verkehrspolitischer Sprecher Frank Scholtysek. Für den Ringschluss gibt es seit Jahrzehnten Pläne, seine Umsetzung gilt aber als sehr unwahrscheinlich. Rot-Rot-Grün hatte sich darauf verständigt, bis 2021 keine weitere Verlängerung der A100 ins Auge zu fassen. Der Abschnitt zum Treptower Park wird derzeit gebaut und soll bis 2022 fertig sein. (dpa)