Autofahrer bekommen im Verkehr eine Sonderbehandlung

Die Szene spielt sich jeden Morgen aufs Neue ab. Der Frühverkehr quält sich durch die Steglitzer Halskestraße. Erst geht es langsam, dann gar nicht mehr weiter. Der Stau wird von Falschparkern am Straßenrand verursacht. Hier gilt von morgens um 7 Uhr bis zum Abend ein Halteverbot. Aber wie jeden Morgen nehmen es ein paar Autohalter nicht so genau mit der Zeit. Müssen die anderen halt warten. Mit etwas Glück kriegen die Langschläfer  noch nicht mal einen Strafzettel.

Das Ganze ist nur ein Kavaliersdelikt. Anders als Schwarzfahren ist  Falschparken nämlich keine Straftat. Nach der Logik des Gesetzgebers ist das „Erschleichen einer Leistung“ wie die kostenlose Mitfahrt in der U-Bahn für die Allgemeinheit schlimmer zu bewerten als der falsch abgestellte Pkw am Straßenrand. Auch, wenn der jeden Morgen für  Stau und Ärger sorgen sollte.

Schwarzfahren als Straftat soll gekippt werden

Wer sich dagegen ohne Fahrschein erwischen lässt und die Strafe nicht bezahlen kann, landet im Gefängnis. Das ist gar nicht so selten, zur Zeit sitzen etwa 70 Menschen im Gefängnis Plötzensee, weil sie beim Schwarzfahren erwischt wurden und die Strafe nicht bezahlten.

Der Justizsenator will das Schwarzfahren als Straftatbestand nun kippen und man könnte ihm vorbehaltlos zustimmen, wenn es nicht aus den falschen Gründen wäre. Der Justiz geht es nämlich schlicht um den Aufwand. Die Verkehrsbetriebe und die  S-Bahn zeigen jedes Jahr rund  50 000 Fälle an und belasten damit die Kammern des Berliner Landgerichtes. Tja dann. 

Autofahrer sollten öfter belangt werden

Ganz egal, ob Straftat oder Ordnungswidrigkeit – es ist an der Zeit, sämtliche Verkehrsdelikte neu zu betrachten.  Vielleicht kommt man dabei ja auch zu dem Schluss, dass Autofahrer immer viel glimpflicher davonkommen  als Fußgänger, Radfahrer oder der öffentliche Nahverkehr.

Dazu nur ein Beispiel: Am Steglitzer Damm beobachten Anwohner jeden Morgen ein ungleiches Rennen. Fußgänger, viele von ihnen Kinder auf dem Weg zur Schule, überqueren vor dem S-Bahnhof im Laufschritt die Straße.  Die Autofahrer lassen ihnen nur wenige Lücken, denn die meisten  scheren sich weder um Geschwindigkeitsbegrenzung noch um rote Ampeln. Eine Verkehrsstreife hat man hier seit Jahren nicht gesehen. Auch wenn die Pkw-Fahrer hier keine Straftat begehen,  abkassieren könnte man sie schon.