Baubeginn des Fernsehturms am 4. August 1965: Als vor 50 Jahren Berlins Wahrzeichen entstand
Am 13. Februar 1965 erfahren die DDR-Bürger erstmals öffentlich vom Projekt Fernsehturm. Jedenfalls erscheint an diesem Tag im Zentralorgan der herrschenden Sozialistischen Einheitspartei, dem Neuen Deutschland (ND), ein Artikel unter der Überschrift „Fernsehturm Hauptstadt Berlin“. Das ND erscheint mit mehr als einer Million Exemplaren, und was darin steht, ist zu DDR-Zeiten offizielle Verkündigung.
Drei Modelle für einen Funk- und Fernsehturm werden in der Ausgabe gezeigt. Am 4. August 1965 erfolgt dann der Baubeginn, sozusagen in aller Stille, denn einen feierlichen ersten Spatenstich gibt es nicht.
Denn was der ND-Leser so nicht erfährt, ist, dass das Projekt Fernsehturm schon seit mehr als einem Jahrzehnt immer wieder Thema in den entsprechenden Ministerien und Ämtern und natürlich auch im SED-Politbüro ist. Der Ausgangspunkt ist ein ganz profaner. 1952 – da ist der ostdeutsche sozialistische Staat gerade einmal drei Jahre alt – werden auf der Internationalen Rundfunkkonferenz im schwedischen Stockholm auch Entscheidungen über die Vergabe von Frequenzen für den jungen Staat gefällt.
Doch die DDR – sie wird ja von der Überzahl der europäischen Staaten nicht anerkannt – geht fast leer aus. Nur zwei Frequenzen von 41,75 MHz und dem Bereich von 208 MHz bis 216 MHz für Band III werden für den neuen Staat freigegeben. Aber die reichen eben nicht aus, um in der geteilten Hauptstadt Berlin einen lückenlosen Empfang von DDR-Radio-Sendern zu ermöglichen. Auch bei der noch neuen Technologie des Fernsehempfangs gibt es Schwierigkeiten.
Mittelpunkt der DDR-Hauptstadt
Den Ausweg soll ein möglichst hoher Sendemast bringen, der Berlin störungsfrei mit Radio- und Fernsehprogrammen der DDR versorgen soll. Also beginnt die Deutsche Post schon 1952 mit den ersten Planungen für einen Fernsehturm. In Augenschein genommen werden dabei die Müggelberge in Köpenick, sie sind mit ihrer Höhe ideal für Rundfunk- und Fernsehsendeanlagen.
130 Meter hoch soll der Turm werden, und er hat aus damaliger Sicht noch einen besonderen Vorteil. Er stört nicht die bauliche Perspektive für die Ostberliner Innenstadt. Das wird ein paar Jahre kein Argument mehr sein – im Gegenteil, da ist der Fernsehturm dann architektonischer Mittelpunkt der DDR-Hauptstadt.
Erste Bauarbeiten beginnen, im Mai 1954 wird dem Vorhaben zugestimmt. In 70 Metern Höhe des Turms soll es zwei Aussichtsplattformen geben. Nur zwei Jahre später – am 15. November 1956 – wird das Projekt aber überraschend aufgegeben. Der Fernsehturm stört den Flugbetrieb zum neuen Flughafen Schönefeld, der Sendemast ist einfach zu hoch. Das alte Fundament ist übrigens in den Müggelbergen noch zu sehen. Der Gebäudestumpf wird heute von der Telekom genutzt.
Mauerbau hatte Vorrang
In den Fünfzigerjahren machen sich die Verantwortlichen auf die Suche nach einem neuen Standort. Der Friedrichshain wird als Sendeort auserkoren. Vier Standorte sind im Gespräch. 1964 soll das Bauwerk fertig sein. Aber der Mauerbau lässt auch dieses Projekt scheitern. Die volkswirtschaftliche Ressourcen werden für die Errichtung der Grenzanlagen abgezogen. Trotzdem: die Versorgung der DDR-Bürger mit „ihren“ Rundfunk- und einem TV-Sender ist immer noch miserabel – es muss dringend etwas getan werden.
Aber inzwischen wird der künftige Turm nicht nur als technisches Bauwerk, sondern auch als künftiges Wahrzeichen der DDR-Hauptstadt gesehen. „Seine Höhe von 360 m (...) wird das dem internationalen Standard entsprechende Bauwerk gleichzeitig zu einem eindrucksvollen architektonischen Anziehungspunkt machen, der auch aus diesem Grund einen zentralen Standort einfordert“, heißt es in einem Brief der Staatlichen Plankommission der DDR vom 23. Mai 1964.
Am 3. Oktober 1969 wird der Fernsehturm mit seiner markanten Kugel eröffnet, vier Tage später feiert der erste sozialistische deutsche Staat auf deutschem Boden seinen 20. Jahrestag. Der Turm soll Symbol der aufstrebenden DDR sein. 20 Jahre später kommen die Wende und die Wiedervereinigung. Der Fernsehturm wird saniert und von 365 auf 368,03 Meter verlängert. Inzwischen kommen jährlich eine Million Besucher auf das viertgrößte frei stehende Gebäude Europas.