Baumärkte in Berlin: Fachmärkte verdrängen Einzelhandel

Zunächst die gute Nachricht: Wer in Berlin dringend fußwarme PVC-Dielen in Mooreiche-Optik braucht oder winterharten Efeu oder die Kommode „Trulleberg“ eines skandinavischen Anbieters, der kann sich jetzt und künftig auf eine sehr gute Versorgungslage verlassen.

Eine Analyse, die die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung angestellt hat, stellt fest, dass die Hauptstadt heute mithalten kann, was Zahl und Größe von Bau,- Garten,- und Möbelmärkten angeht. Laut Industrie- und Handelskammer (IHK) weist Berlin im bundesdeutschen Vergleich zwar eine unterdurchschnittliche Verkaufsfläche in diesen Segmenten auf, aber es gebe kaum noch räumliche Lücken bei der Versorgung.

Negative Auswirkungen auf Stadtquartiere

Insgesamt zählt die Verwaltung von Senator Michael Müller (SPD) 165 Fachmärkte in Berlin.

Weniger erfreulich sind die negativen Auswirkungen, die die oft in unförmigen Wellblechklötzen untergebrachten Märkte auf manche Stadtquartiere haben. Dort können kleinere Geschäfte sterben, die mit Sortiment und Preisen eines Branchengiganten nicht mithalten können.

Der Senat hat deshalb im Rahmen des „Stadtentwicklungsplans Zentren“ am Dienstag ein Fachmarktkonzept beschlossen, das eine Art Baumarktbremse darstellt. Künftig sollen sehr große Märkte nur noch an 18 ausgesuchten Stellen in der Stadt entstehen oder expandieren dürfen, die Senat und Bezirke für besonders geeignet halten. Dazu gehören unter anderem Standorte an der Pankstraße in Wedding, wo es bereits einen Möbel-Schwerpunkt gibt, der Rangierbahnhof Pankow oder ein Areal in Alt-Mahlsdorf.

Zu den Kriterien für geeignete Standorte gehören eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und die Nähe zu verdichteten Siedlungsgebieten. Außerdem soll der sogenannte zentrenrelevante Randsortimentanteil der großen Fachmärkte ein bestimmtes Maß nicht überschreiten. Gemeint sind damit unter anderem Baumärkte, die etwa Fahrräder verkaufen und damit eingesessene Fahrradläden in die Bredouille bringen.

Integration in die Umgebung

„Berlin wird die gewachsenen Einkaufszentren in den Kiezen und Straßen der Bezirke durch eine moderate Ansiedlungspraxis von Fachmärkten weiter schützen,“ sagte Müller. Er betonte jedoch, dass Berlin weitere Möbelhäuser, Bau,- und Gartenmärkte brauche. Es würden auch in den kommenden Jahren solche Märkte expandieren oder neu eröffnen. Es komme aber darauf an, sie so in die Stadt zu integrieren, dass sie nicht zum Nachteil für die dezentrale Zentrenstruktur Berlins werden. Ein großes Möbelhaus habe immerhin rund 40.000 Quadratmeter, das KaDeWe zum Vergleich 60.000. Dabei im Einzelfall ein ausgewogenes Verhältnis zur Umgebung hinzubekommen, sei eine Gratwanderung, sagte Müller.

Die Fachleute in seiner Verwaltung halten beispielsweise die Schönhauser-Allee-Arcaden für ein gelungenes Beispiel einer Ansiedlung, die sich positiv auf die Umgebung auswirkt. Dort profitierten auch die umliegenden Geschäfte von der Anziehungskraft des Centers. Bei den Spandauer Arcaden sei es dagegen weniger gut gelungen, aus dem gut laufenden Marktcenter positive Impulse für die vorhandenen Geschäfte zu gewinnen.

Um auf lokale Bedürfnisse von Berlinern reagieren zu können, dürfen die Bezirke über Fachmärkte bis zu 15.000 Quadratmeter Fläche künftig allein oder im Einvernehmen mit dem Senat entscheiden. Die Stadtentwicklungsverwaltung behält sich die großen Projekte von gesamtstädtischer Bedeutung vor.

Die IHK, die wie der Einzelhandelsverband an dem Konzept beteiligt wurde, zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis. Das Fachmarktkonzept lege klare Spielregeln für die Standortentscheidungen von Handelsunternehmen fest. So würden die Berliner Zentren gestärkt.