BER: Eklat um Ex-Manager Siegle: Mehdorn signalisiert "Er oder ich"
Auf Partys nennt man so etwas einen polnischen Abgang. Es war aber kein Sektempfang, den Hartmut Mehdorn am Montag ohne Ankündigung verließ und auch keine Flughafeneröffnung, sondern die Sitzung des BER-Sonderausschusses im brandenburgischen Landtag in Potsdam. Der BER-Geschäftsführer war auch nicht ein Gast unter vielen, sondern er sollte den Abgeordneten Auskunft geben über die Lage am zukünftigen Hauptstadtflughafen. Stattdessen stürmte Mehdorn noch vor Beginn der Sitzung aus dem Saal. Die Finanz-Geschäftsführerin Heike Fölster nahm er mit, sein Namensschild auch, damit es keine Aufnahmen von seinem verwaisten Platz gibt.
Der Grund für Mehdorns plötzlichen Aufbruch war eine interne Fehde, die offenbar an seinem Ego nagt. In der hintersten Zuschauerreihe hatte er seinen früheren Spitzenmanager Harald Siegle entdeckt. Den 56-Jährigen hatte er vor wenigen Wochen fristlos entlassen. Mehdorns Reaktion lässt erahnen, wie tief der Zwist zwischen den beiden sein muss. Nach Aussage von Umstehenden sagte er: „Ich lasse mich hier nicht verarschen.“ Dann verließ er den Raum.
„Nicht- und Halbwissen“
Siegle hatte sich vor seiner Kündigung in einem 20-seitigen Brief, der an die Presse gelangte, über Mehdorns Führungsstil beklagt und vor einer weiteren Verzögerung am BER gewarnt. Mehdorns Antwort auf das Schreiben, das er vorige Woche an den Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Wowereit schickte, gelangte am Montag ebenfalls an die Öffentlichkeit.
Er weist die Vorwürfe darin zurück und bezeichnet Siegles Intervention als Störmanöver. Er wirft dem Abteilungsleiter vor, dieser sei der Einladungen zu Sitzungen des so genannten Sprint-Teams, das die Fertigstellung des Flughafens beschleunigen soll, nicht gefolgt. „Nicht- und Halbwissen durchzieht seinen ganzen Brief. Er hat damit der Flughafengesellschaft massiv geschadet“, schreibt Mehdorn.
Falsch sei etwa die Behauptung, der Hauptkabelkanal im BER-Terminal könne überhitzen. Siegle lege hier unrealistische Annahmen zugrunde. „Also etwa: Alle Fahrstühle fahren gleichzeitig.“ Eine solche Belastung der Kabeltrassen werde aber nicht auftreten, wie neue Berechnungen ergeben hätten.
Mehdorn weist auch den Vorwurf zurück, auf der BER-Baustelle sei das Vier-Augen-Prinzip, wonach mindestens zwei Abteilungen wichtigen Vorgängen zustimmen müssen, außer Kraft gesetzt. Mit der Einführung des Sprint-Teams gelte das 30- bis 40-Augen-Prinzip, schreibt Mehdorn.
Schließlich sei auch die Behauptung falsch, es gäbe keine signifikante Reduzierung der Baumängel. Mehdorn schreibt dazu: „Wir haben alle Mängel erfasst, geclustert und um 30 000 auf derzeit 73 000 reduziert.“ Das ist freilich immer noch eine beeindruckende Zahl.
Unerwähnt ließ Mehdorn Siegles Vorwurf, die Unternehmenskultur in der Flughafengesellschaft sei „gekennzeichnet durch Beratungsresistenz, verstärkte Hierarchisierung, Resignation und Kritiklosigkeit“.
Die Ausschusssitzung im Potsdamer Landtag wurde übrigens nach nur wenigen Minuten bis zum späten Abend unterbrochen. Die Opposition empörte sich, dass nur einer der drei brandenburgischen Regierungsvertreter im Aufsichtsrat zu der Befragung erschienen war. Sie ließ Finanzminister Christian Görke (Linke) herbeizitieren, der auf einer Dienstreise in Düsseldorf war. „Wem soll ich meine Fragen stellen, wenn weder die brandenburgische Landesregierung noch die BER-Geschäftsführung anwesend ist“, ärgerte sich der CDU-Abgeordnete Ingo Senftleben. Einige Fragen hätte er freilich loswerden können an den Vertreter der Firma Siemens, der über die Arbeiten an der Entrauchungsanlage berichten sollte. Er musste jedoch unverrichteter Dinge wieder abreisen.
Um 22.30 Uhr am Montagabend ist die Sitzung fortgesetzt worden. Auf eine Rückkehr von Hartmut Mehdorn jedoch warteten die Abgeordneten vergebens.