Frankfurt (Oder)-Ein fünfjähriges Mädchen hat angeblich zwei Jahre lang kein Tageslicht gesehen. Es war in einer Wohnung in Eberswalde (Barnim) eingesperrt. Zur Weihnachtszeit wurde die Kleine in eine Bernauer Klinik eingeliefert. Das berichtet die Märkische Oderzeitung.

Das Mädchen soll dem Bericht zufolge mindestens zwei Jahre völlig auf sich allein gestellt gewesen sein und habe gelebt „wie Kaspar Hauser“. Es sei völlig verwahrlost und geistig zurückgeblieben, zitiert die Zeitung Stimmen aus dem Krankenhaus.
Auf Anzeige verzichtet
Nachdem der Fall bekannt wurde, veranlasste das Eberswalder Jugendamt die Einweisung des Kindes ins Krankenhaus. Es nahm das Kind außerdem in amtliche Obhut. Auch seine beiden älteren Geschwister wurden in Jugendhilfeeinrichtungen untergebracht. Das Jugendamt hat von der Vernachlässigung offenbar nichts bemerkt. Dabei sind Eltern verpflichtet, ihre kleinen Kinder regelmäßig einem Arzt zu Früherkennungsuntersuchungen vorzustellen.
Das Amt verzichtete nach Bekanntwerden des Falls auch auf eine Anzeige bei der Polizei. Dafür ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft. „Wir haben ein Ermittlungsverfahren wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen eingeleitet“, sagte Ingo Kechichian von der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder am Montag. „Wir versuchen jetzt, Informationen über den Fall zu erlangen.“ Auch die Polizei ermittelt inzwischen wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht.
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Das Jugendministerium als oberste Aufsichtsbehörde habe sofort reagiert und beim zuständigen Jugendamt des Landkreises Barnim am Montagmorgen eine Stellungnahme dazu angefordert, teilte eine Ministeriumssprecherin mit. Es gebe keine allgemeine Rechtspflicht der Jugendämter, Strafanzeige zu erstatten. Allerdings empfehle das Jugendministerium den Jugendämtern, falls Anhaltspunkte für Straftaten vorliegen, die Strafverfolgungsbehörden zu informieren.
Bericht der Klinik steht noch aus
Das Mädchen habe das Krankenhaus inzwischen wieder verlassen können, sagte der Landrat des Kreises Barnim, Daniel Kurth (SPD), am Montag bei einer Pressekonferenz. Er habe feststellen müssen, „dass das Kind nicht die Fürsorge und Pflege und Liebe seiner Eltern bekommen hat“, die es gebraucht hätte. Es befinde sich nun in sicherer Obhut. Seine beiden Geschwister seien zeitgleich in Sicherheit gekommen. Bei ihnen gebe es keine Hinweise auf derartige Vernachlässigung wie bei dem Mädchen, sagte Sozialdezernentin Yvonne Dankert.
Dass das Kind jahrelang kein Tageslicht gesehen und mindestens zwei Jahre völlig auf sich allein gestellt gewesen sein soll, konnte Kurth nicht bestätigen. Der endgültige Bericht des Krankenhauses stehe aus. In Eberswalde starb im vergangenen Jahr ein zweijähriges Kind an schweren Misshandlungen. Der Vater hatte das Kind mehrere Wochen lang gequält und geschlagen. Das Kind fiel ins Koma und starb im April an den Folgen der Misshandlungen.