Energiewende: 20 Prozent Heizkosten sparen ist möglich, aber nicht immer sexy
Eine Photovoltaikanlage auf dem Balkon gefällt nicht jedem. Die neue Beratungsstelle Bauinfo Berlin gibt kostenlos Informationen für energetische Sanierungen.

Energie sparen, indem er selbst Strom aus Sonne erzeugt, das wollte Vjaceslav Hübner. Auf seinem Balkon im dritten Stock eines Marienfelder Mehrfamilienhauses brachte der Wohnungseigentümer ein Solarpanel an. Doch die anderen Eigentümerinnen und Eigentümer in der Wohnanlage überzeugte er damit nicht. Vjaceslav Hübner fasst die ablehnende Haltung zusammen, „sie meinen, die Photovoltaikanlage würde den optischen Gesamteindruck der Anlage stören“. Er musste das Solarpanel wieder abmontieren.
Es ärgert ihn und er sieht zu wenig Bewusstsein für die Wichtigkeit von Ressourcen- und Klimaschutz als Ursache bei seinen Nachbarinnen und Nachbarn. „Für mich ist es während der derzeitigen Energiekrise eine Entscheidung ganz konkret für den Umweltschutz. Es ist mein Beitrag zum Ziel der Regierung, die CO2-Neutralität zu erreichen.“ Dem 38-jährigen Ingenieur, Gutachter für Windkraftanlagen und Vater von zwei Kleinkindern liegt das am Herzen. Rund 500 Euro investierte er, „Fernseher und Kühlschrank lassen sich mit dem Stromgewinn vollständig betreiben“.
Solcher Einsatz fürs Energieeinsparen und die Nutzung erneuerbarer Energien ist löblich, aber auch schwierig. Besser ist es, sich vorher bei Bauinfo Berlin beraten zu lassen. Nachfragen zu den zurzeit so beliebten Balkonsolaranlagen erreichen die Expertinnen und Experten der Beratungsstelle Bauinfo Berlin regelmäßig. Diplom-Ingenieurin Mechthild Zumbusch gibt zu bedenken, „dass eine Reihe von gesetzlichen Vorgaben zu beachten sind“. Anschaffungskosten von mehreren Hundert Euro stehen einer erwirtschafteten Strommenge von maximal einigen Hundert Kilowattstunden im Jahr gegenüber. Bis sich die Anschaffung amoritisiert habe, dauere es einige Jahre. Ihr Ratschlag ist, „die Entscheidung sehr genau abzuwägen“.
Aber es gibt auch gute Nachrichten, die Mechthild Zumbusch und ihre Kolleginnen und Kollegen in diesen Tagen hören. Bis zu zwanzig Prozent der Heizkosten habe man in diesem Winter der Energiekrise bisher schon eingespart, berichten Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer. Dank Heizungsoptimierungen und abgesenkter Raumtemperatur auf 20 Grad.
Persönliche Beratungen von jeweils bis zu sechzig Minuten bei Bauinfo Berlin
Vor solchen wohlmöglich auch kostspieligen Unwägbarkeiten wollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Bauinfo Berlin die Bauherren und -frauen schon vor Beginn von Maßnahmen schützen. Rund 200 der kostenlosen mitunter mehrfachen persönlichen Beratungen von jeweils bis zu sechzig Minuten hat das fünfköpfige Team in den ersten sechs Monaten des Projekts bereits durchgeführt. Innerhalb des senatsfinanzierten Berliner Energie- und Klimaschutzprogrammes 2030 soll die Beratungsstelle im Nikolaiviertel (Mitte) Haus- und Wohnungseigentümern in einer Lotsenfunktion den Weg zum richtigen Energiesparen weisen. Sie arbeitet mit rund zwanzig Kooperationspartnern wie den Verbänden der Wohnungseigentümer und Energieberaterinnen und -berater zusammen.

Bei Bauinfo Berlin gibt es Informationen zum nachhaltigen energiesparenden Bauen und Sanieren. Die Initialberatung reicht von zehn Minuten am Telefon bis zu 60 Minuten im persönlichen Gespräch. Telefonnummer: (030) 29 33 30 703
Erstellung eines Gesamtkonzepts für die Sanierung einer Liegenschaft
90 Prozent der Anfragen konzentrieren sich auf das Thema Sanierung, sagt Mechthild Zumbusch. „Jeweils ein Drittel der Ratsuchenden sind Besitzerinnen und Besitzer von Ein- und Mehrfamilienhäusern, das dritte Drittel sind Wohnungseigentümergemeinschaften.“ Vorherrschend gehe es darum, die zurzeit und voraussichtlich weiterhin stark steigenden Heizkosten in den Griff zu bekommen.
Lohnt es sich zusätzlich eine Wärmepumpe beizustellen? Sind Erdwärme oder Fernwärme in meinem Haus und in der Wohngegend möglich? Ist es mit Einzelmaßnahmen wie der Installation einer neuen effizienteren Heizung oder dem Einbau moderner dichterer Fenster getan? „Neben der Umstellung auf eine effiziente und klimafreundliche Wärmeversorgung ist die Ertüchtigung des Gebäudes wesentlich, um Energiekosten dauerhaft einzusparen“, warnt die Diplom-Ingenieurin. Moderne stufenlose digitale Pumpentechnik und Dämmung der Hauswände gehören genauso zum Gesamtkonzept der Sanierung einer Liegenschaft.
Zuschüsse bis zu 60 Prozent für den Einbau von Wärmepumpen
Nach Betrachtung des Istzustandes folgt zur Erstellung eines Sanierungsfahrplans die Hinzuziehung einer Energieberaterinnen oder eines -beraters. „Das Honorar für diesen Bericht wird finanziell gefördert“, merkt Mechthild Zumbusch an. Wo es noch mehr staatliche Fördermittel gibt, wissen die Beraterinnen und Berater ebenfalls. „Durch diese sind derzeit zum Beispiel Zuschüsse bis zu 60 Prozent für Einzelmaßnahmen wie den Einbau von Wärmepumpen möglich“, sagt Mechthild Zumbusch.
Grundsätzlich gilt: Dämmung ist eine kostenintensive Form des Energiesparens, sie wirkt aber umfassend und langfristig. Kurzfristig wirkt eine regelmäßige sorgfältige Wartung der Heizanlage auf modernem technischen Stand. Effektiv ist auch das bewusste Nutzerverhalten. Pullover statt T-Shirt heißt die Devise.
Als letzten Schritt, das Umbauziel konkret in Angriff zu nehmen, verweisen die Expertinnen und Experten von Bauinfo Berlin auf die Datenbank Rat & Tat. In diesem Branchenbuch sind fachkundige Handwerkerinnen und Handwerker gelistet. Wobei, „gegen die durch das stark erhöhte Kundeninteresse zurzeit üblichen Warte- und Lieferzeiten von teilweise mindestens einem halben Jahr können wir leider nichts tun“, bedauert die Expertin.