Wahlkampf in der Polizeiwache am Kottbusser Tor

Die „Kotti-Wache“ in Kreuzberg soll am 15. Februar eröffnet werden. Franziska Giffey interessiert sich für die Aufteilung der Räume.

Berlins Innensenatorin Iris Spranger von der SPD schaut auf das Kottbusser Tor herab.
Berlins Innensenatorin Iris Spranger von der SPD schaut auf das Kottbusser Tor herab.Andreas Kopietz/Berliner Zeitung

Den 15. Februar merkt sich die linke Szene im Demo-Kalender sicher schon vor. An diesem Tag wird die umstrittene Polizeiwache am Kottbusser Tor offiziell eröffnet.

Und weil die Wiederholungswahl für das Abgeordnetenhaus ansteht, besichtigen an diesem Donnerstag Innensenatorin Iris Spranger und Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (beide SPD) die Baustelle. Geladen haben sie auch Presse, Funk und Fernsehen.

Die „Kotti-Wache“ ist Iris Spranger wichtig. Die Opposition nennt Spranger immer gern „Ankündigungssenatorin“, aber hier wird eine ihrer Ankündigungen wahr. Die Wache wird seit einigen Monaten in dem Gebäuderiegel hoch über der Adalbertstraße eingerichtet. Früher war dort eine Spielothek.

Die Panzerglasfenster der Kotti-Wache sind noch mit Holzplatten geschützt

Es gibt Gewerbetreibende und Anwohner, die die Idee einer Polizeiwache, über die seit nunmehr acht Jahren diskutiert wird, gut finden. Denn das Kottbusser Tor ist Kriminalitätsschwerpunkt. Die Polizei leistete hier laut eigener Statistik im vergangenen Jahr rund 33.000 „Einsatzkräftestunden“. Und es gibt Protest. Linke Gruppen, Anwohner und Mitglieder der Grünen aus dem Bezirk sind gegen die Wache.

Der strenge Käsegeruch der Buttersäure, die hier im Oktober gegen ein Fenster gespritzt wurde, ist inzwischen verflogen. Seit der Stink-Attacke passen Wachmänner Tag und Nacht auf.

Die Panzerglasfenster sind noch mit Holzplatten geschützt. „Die Verschalung kommt noch diese Woche ab“, sagt der Stabsleiter der Polizeidirektion 5 zu Franziska Giffey und Iris Spranger, die nun hier im Besprechungsraum stehen, umgeben von der sich drängelnden Medienschar.

„Was wird hier besprochen?“, fragt Giffey. „Alles, was einsatztaktisch für diese Örtlichkeit relevant ist“, antwortet der Stabsleiter.

„Also wir sind jetzt quasi durch den Personaleingang reingekommen, oder?“

Die Wände sind strahlend weiß, hier und da fehlt noch eine Deckenplatte. In einer Ecke liegen Silikonkartuschen und Holzleisten. Hinter dem Empfangstresen sind vier große Bildschirme aufgebaut, auf denen später die Bilder der Videokameras auflaufen, die auf die Fassade der Wache gerichtet sein werden. „Es ist alles so, wie wir es wollten. Dass es sehr offen ist“, sagt Spranger. „Wir haben immer gesagt, das soll eine helle Wache werden. Ich glaube, das wird ein ziemlicher Anziehungspunkt sein.“ Die linke Szene wird Spranger beim letzten Satz zustimmen. Seit längerer Zeit ist die geplante Wache Anziehungspunkt von Demos und Kundgebungen.

Der Chef der landeseigenen Berliner Immobilien Management GmbH, die die Räume von der landeseigenen Gewobag gemietet hat, erzählt nun, dass die Zusammenarbeit mit der Gewobag gut war und dass „alles wunderbar geklappt“ habe, auch die Abstimmung mit der Polizei, und dass die Wache auch nicht teurer geworden sei. Die Kosten liegen jetzt bei 3,24 Millionen Euro.

Innensenatorin Iris Spranger und Franziska Giffey (beide SPD) wollten beim Besuch der im Aufbau befindlichen Polizeiwache am Kottbusser Tor nicht bis nach den Wahlen warten.
Innensenatorin Iris Spranger und Franziska Giffey (beide SPD) wollten beim Besuch der im Aufbau befindlichen Polizeiwache am Kottbusser Tor nicht bis nach den Wahlen warten.Carsten Koall/dpa

„Erzählen Sie mal, wie hier die Räume aufgeteilt sind“, sagt Giffey. „Also wir sind jetzt quasi durch den Personaleingang reingekommen, oder?“ Jetzt wird ihr haarklein erklärt, wo der Sozialtrakt ist, der Schreibraum, der Besprechungs- und der Vernehmungsraum.

Bürger, die etwas wollen, müssen durch einen Vorraum, die „Schleuse“. Hinter einem Fenster sitzt dann ein Polizist, der per Knopfdruck die Tür zu den Räumen öffnet. „Das ist nötig, denn wir müssen gucken, wer kommt denn da eigentlich?“, sagt der Abschnittsleiter, der ebenfalls anwesend ist. „Und wenn man hier reinkommt an den Tresen, ist das so ein bisschen wie an einer Hotelrezeption, wo man sich wohlfühlt.“

„Ihr seid doch gar nicht von hier! Euch habe ich hier noch nie gesehen!“

Giffey sagt nun, dass es ein klares Zeichen der Stärke brauche. „Dass eben überall in Berlin für die Sicherheit gesorgt wird und dass der Rechtsstaat nicht zurückweicht.“ Giffey und ihre Innensenatorin referieren jetzt noch ein wenig darüber, dass es ein Gesamtkonzept für das Kottbusser Tor brauche und dass das Thema von verschiedenen Seiten ganzheitlich angegangen werden müsse – von der Sozialarbeit über Sauberkeit und Hilfe für Drogenabhängige. Giffey sagt: „In einem Jahr wird die Wache hier nicht mehr wegzudenken sein. Sie wird als Anlaufstelle und als Kiezzentrum gesehen werden.“

Und Spranger ergänzt: „Ein gesamtheitliches Konzept ist über Jahre nicht gedacht worden. Da mache ich auch dem Bezirk Vorwürfe.“ Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg wird seit vielen Jahren von den Grünen regiert, mit denen die SPD jetzt im Wahlkampf liegt. Während die Auslöser der Fotoapparate rattern, sagt die Innensenatorin nun: „Wir werden hier am 15. Februar eröffnen.“

Franziska Giffey und Iris Spranger geben noch ein paar Einzelinterviews. Als die Senatorin und ihre Regierende Bürgermeisterin die Räume über der Adalbertstraße verlassen, haben sich vor dem benachbarten Café Kotti zehn Protestierer zusammengefunden. „Über-all Po-li-zei, nirgend-wo Ge-rech-tig-keit!“, schreit es aus hellen Mädchenkehlen. „Wer hat uns ver-ra-ten – Sozial-demo-kraten!“ Iris Spranger, flankiert von grimmigen Personenschützern, baut sich vor den Mädchen und zwei Jungen auf. „Ihr seid doch gar nicht von hier! Euch habe ich hier noch nie gesehen!“ Die Mädchen schreien weiter. „Verpisst Euch!“, ruft einer der Jungs.

Franziska Giffey und Iris Spranger steigen die Treppe herab und lächeln. Sie wirken zufrieden.