Berlin-Friedrichshain: Wie der Kaufhof am Ostbahnhof um sein Überleben kämpft
Rotbemützte Stoffwichtel sitzen in Reih und Glied zwischen Pralinenkästen und Geschirr. In der Parfümabteilung nebenan sortiert eine Verkäuferin Angebote neu. Es ist ruhig um die Mittagszeit in der Galeria Kaufhof am Ostbahnhof. Die wenigen Kunden treffen auf freundliches Personal, das sich zum Plaudern Zeit nimmt. Anders als im trubeligen Kaufhof am Alexanderplatz, der auch bei Touristen sehr beliebt ist, sind die Kunden im Haus am Ostbahnhof vorrangig ältere Leute aus der Nachbarschaft. Wer hierher kommt, so der Eindruck, will einkaufen, nicht shoppen.
Doch die Idylle trügt. Denn wie lange das bunte Kaufhaus, das Ende der 1970er-Jahre als größtes und modernstes Centrum-Warenhaus der DDR erbaut wurde, noch als Kaufhaus existiert, ist ungewiss. Denn ein Kundenmagnet ist es nicht gerade. Das Haus ist auf Nahversorgung ausgelegt und allein dafür viel zu groß.
Von den sechs Etagen werden nur noch drei als Verkaufsfläche genutzt. Platz ist dort aber auch für eine Änderungsschneiderei, einen Optiker und ein Reisebüro. Die dritte Etage ist ganz leer, in der vierten gibt es nur ein Restaurant, in den beiden oberen Geschossen ist vor allem Freizeitspaß angesagt: Dort wurden eine Kartbahn und ein Bowling-Center eingebaut. Auch ein Ärztezentrum mit Allgemeinmedizinern, Orthopäden und Neurologen hat sich dort niedergelassen.
Umgestaltung mit neuem Shop
„Es ist schön ruhig hier, aber bei so wenigen Kunden schließen die bestimmt irgendwann“, sagt eine Frau, die sich in der Lebensmittelabteilung im Erdgeschoss Äpfel aussucht. Mit „die“ meint sie die neuen Eigentümer, den kanadischen Handelskonzern Hudson’s Bay Company, der Mitte des Jahres die bundesweit gut hundert Filialen der Galeria Kaufhof GmbH für 2,8 Milliarden Euro von der Metro Group übernommen hat. Seither ist im Haus am Ostbahnhof eine mögliche Schließung Gesprächsthema unter Kunden und Personal.
Am Firmensitz in Köln heißt es, an Gerüchten beteilige man sich nicht. Die neuen Eigner, so ein Sprecher, hätten vielmehr Investitionen in das Unternehmen angekündigt. Aber er sagt auch: „Eine Aussage, was das konkret für einzelne Standorte bedeutet, ist derzeit noch nicht möglich.“ Investiert worden sei bereits im Haus am Ostbahnhof, sagt der Sprecher.
So sei im Frühjahr das Erdgeschoss komplett neu gestaltet worden, zusätzliche Marken, etwa bei Uhren und in der Herrenabteilung, seien hinzu gekommen. Man reagiere damit auf die lokalen Kundenwünsche. Die leere dritte Etage soll „immer mal wieder von externen Partnern“ genutzt werden, heißt es. Ende Januar 2016 ist eine Möbeldesign-Messe geplant. Veranstalter ist die Firma Oldthing, die auch den sonntäglichen Antikmarkt am Ostbahnhof veranstaltet.
Lob vom Handelsverband
Es scheint, als sei das Kaufhaus auf der Suche nach neuer Funktion. Als es 1979 gebaut wurde, diente es vor allem dazu, die Ströme von osteuropäischen Kunden vom Alexanderplatz fernzuhalten, wo die DDR-Bürger auf die Suche nach Bückware gingen. Die Kundschaft etwa aus der UdSSR oder Polen kam am Ostbahnhof an und stieg dort nach dem Einkauf wieder in ihre Züge.
Heute muss das Haus gegen moderne Shopping-Center wie das Alexa oder das Ring-Center bestehen. Ein weiteres Center ist wenige hundert Meter entfernt an der Großarena am Ostbahnhof geplant. „Es ist eine Herausforderung, sich in diesem Kontext zu positionieren“, sagt Nils Busch-Petersen, Chef des Einzelhandelsverbandes Berlin-Brandenburg. In diesem Zusammenhang hält auch er die aktuelle Strategie für intelligent, andere Nutzer mit ins Haus aufzunehmen.